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£ Peter: Noula
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ertappt worden sei, aber ich bin nun vollständig überzeugt,
dass Ihre Studien nur auf sichere Tatsachen basiert sind*
Ich würde Ihnen dankbar sein, wenn Sie meine Herkunft
und meinen Namen meinem Landsmann Aksakow verschweigen
wollten; ich habe die grösste Furcht, als Phänomen
betrachtet zu werden. Meinen Dank im voraus. —
------------Warum ich jene
Persönlichkeit Noula nenne, ist mir nicht möglich zu sagen:
ich weiss es nicht. Irgend eine Bezeichnung musste ich für
dieses Wesen haben und ich gab ihm diesen Namen vom
ersten Tage an; er bedeutet Anna. Ich habe mit der Anwendung
von Arzneimitteln, wie Brom usw., bereits ausgesetzt
. Der häufige Gebrauch war schliesslich nachteilig
für mein Gedächtnis. Ich bin stets begleitet von Noula,
welche traurig zu sein scheint, denn das schöne Gesicht
lässt dies deutlich erkennen.
Sie werden übrigens sehen, mein Herr, wie hübsch und
in Gesundheit strahlend sie ist, während ich elend aussehe.
Schliesslich bin ich der Schatten! Sie sehen, ich kann
schon scherzen, ich habe ja so grosse Hoffnung. Vor allem,
Sie halten mich für geistig gesund und sehen Sie, es war
für mich das Furchtbarste, zu fühlen, dass sich mein Verstand
immer mehr entwickelte, und dennoch für wahnsinnig
gehalten zu werden! Sie haben das nicht getan!
Und nun gestatten Sie mir, Ihnen noch zu berichten,
was ich getan htfbe. Nicht wahr? Also: Denken Sie, vor
zwei Tagen sagte ich zu Noula: „Zeige mir doch Herrn
de Rochasl" Ich habe sie sehr gebeten und folgendes Bild
von Ihnen gehabt; sagen Sie mir, ob es eine Täuschung
war oder eine echte Halluzination: Sie sind ein wenig korpulent
, mittlerer Grösse, aber eher gross; Sie haben kleine,
tiefliegende, aber sehr durchdringende Augen; Sie sind braun,
etwas kahl. Ein schwarzer, struppiger und etwas melierter
Schnurrbart; hübsche Hände mit einem Ring. Sie sind
stark parfümiert, besonders Ihre Hände, denn ich habe
Noula gebeten, Ihre Hände über mich zu führen.*)
Vielleicht lachen Sie über dies Bild, das gewiss das
Gegenteil trifft; es ist das erste Mal, dass ich Noula ge-
*) Mr. de Bockas bemerfct hiezu: „Ich bitte den Leser um Vergebung
, wenn ich ein Bild von mir aus jener Zeit beifüge; aber es
wird ihm ermöglichen, selbst zu urteilen, inwieweit die Halluzination
der Mme. d^Hautevoie echt war, wenn ihr nicht jemand, der
mich kennt, meine Person beschrieben hat. Ich muss hinzufügen,
dass ich die Gewohnheit habe, parfümierte Seife zu gebrauchen
mcl dass ich am Kingfinger der linken Hand einen in die Augen
lallenden goldenen Reif trage." ITgl. das Bild Im vor. Heft! — Red.J
Psychische Studien. Fobiuar 1908. g
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