Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
35. Jahrgang.1908
Seite: 171
(PDF, 215 MB)
Bibliographische Information
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Zur Psychologie der Träume

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nahe, dass man die Krankheit oft als einen langen Traum
geschildert hat und den Traum als kurze Krankheit. In
der Tat kann man die Vorläufer von Krankheiten oft in
seltsamen Traumkombinationen erkennen. Schon Aristoteles
hielt es für möglich, dass organische Störungen sich zuerst
im Traum offenbaren, und moderne Autoritäten haben das
aufgegriffen. In der Tat reagiert das Unterbewusstsein auf
alle Punktionen der inneren Organe mit einer Sensibilität,
die ohnegleichen ist, während im Wachen alle diese minimalen
Bewegungen der Organismen unbeachtet und unkontrolliert
das Bewusstsein passieren. Die Traumdeutungen
des Altertums erstrecken sich gewöhnlich auf symbolische
Uebersetzungen; eine Deutung des Traumes des Pharao durch
Joseph, die die Bibel uns überliefert, ist dafür ein klassisches
Beispiel. Daneben taucht auch ein System willkürlicher
Dechiffrierung auf, das bald eine grosse Rolle spielte,
Hunderte von abenteuerlichen Traumbüchern hervorbrachte
und in seiner Mischung von Unsinn und Sinn sich bis zur
Neuzeit erstreckt. Die modernen Traumforscher haben die
Prophetenpose von einst längst abgestreift; ihr Bekenntnis
beschränkt sich darauf, dass selbst der banalste Traum
seine örsachen und somit auch seine Bedeutung hat. Die
symbolische Deutung oder die Dechiffrierung haben vor
der modernen Psychologie kapitulieren müssen, und an ihre
Stelle ist eine .Forschungsmethode getreten, die man wohl
als die analytisch-synthetische bezeichnen kann. Fragment
um Fragment werden die einzelnen Traumbestandteile
durchforscht und mit alten Ursächlichkeiten in Beziehung
zu setzen gesucht. Wie der Naturforscher aus den Fussspuren
eines prähistorischen Tieres nach und nach dessen
ganze Gestalt zu rekonstruieren sucht, so wird aus dem
logikbefreiten Chaos des Traumes dessen Einzelheiten, dessen
einzelne Bausteine sozusagen herausgelöst und durchforscht.
Wille, Wünsche, Kämpfe, Hoffnungen, Sorgen und Leiden
werden so aus der Ungebundenheit des Unterbewusstseins
in die Gebundenheit des wachenden Bewusstseins zurückübertragen
. Aber auch die modernen Traumdeuter haben
die letzten Schleier des Geheimnisses noch nicht zu lüften
gewusst, ein „inkommensurabler Resta bleibt, trotz allen
Fortschritten der Seelenkunde, ein unzugängliches, geheimnisvolles
Gebiet, auf dem, mit Stevenson zu reden, die
Heinzelmännchen ihre Geschichten ersinnen und ihre Lieder
dichten.


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