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Geister im Hause eines Staatsanwalts.
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fiel und sich auf den Fussboden ergoss. Einen Augenblick
später fiel, eine Spanne entfernt von der ersten Stelle, eine
Tasse Kaffee von der Wand und ergoss sich gleichfalls auf
den Fussboden. Dies geschah vor unseren Augen und wir
erzählten die Begebenheit unserem Vater beim Mittagessen.
Dieser sagte lachend, er hatte es vorgezogen, wenn aus der
Wand Wein statt Milch und Kaffee geflossen wäre. Als
wir uns einige Augenblicke später vom Tisch erhoben, hörten
wir den Sturz einer grösseren Menge von Flüssigkeit auf
dem Fussboden. Wir sahen dahin und fanden eine Weinlache
auf dem Boden. Nicht weit entfernt von der Lache
lag eine grosse Birne, die der Vater, als er zu Tische sass,
zu essen begehrt hatte* Die Birne war am Vormittag ins
Büffet geschlossen worden und die Buffettüre wurde mit
einem Schlüssel versperrt. Niemand hatte die Tür geöffnet,
und nun lag die Birne mitten in der Stube. Man sah im
Büffet nach und die Birne war tatsächlich nicht mehr darin.
Sie war durch die versperrte Tür ins Freie gekommen.
Nun waren wir alle auf das höchste beunruhigt und
mussten uns wider unseren Willen zu dem Glauben bekennen
, dass wir es hier mit Geistererscheinungen zu tun
haben. Da wir aber in diesen Dingen keinerlei Erfahrungen
hatten, wandten wir uns an eine Dame, die im Stockwerk
über uns wohnt, und von der wir wussten, dass sie sich mit
spiritistischen Dingen beschäftige. Wir baten sie um etwas
spiritistische Literatur, und sie lieh uns zwei Bücher
über Spiritismus, die wir eines über das andere auf ein
Tischchen im Speisezimmer legten. Tags darauf geschah
es, dass wir zugleich mit unserer Schwester ins Speisezimmer
kamen. Als unsere Schwester an dem Tischchen
vorbeikam, auf dem die Bücher lagen, erhob sich das obere
Buch ganz von selbst in die Luft, flog auf unsere Schwester
zu und begann dem tötlich erschrockenen Mädchen gegen
die Schulter zu schlagen. Dann fiel es zu Boden, hüpfte
mit lautem Geräusch durch das Zimmer, erhob sich wieder
in die Luft und heftete sich oflen an jene Stelle der Wand,
aus der einige Tage vorher die Tasse Milch hervorgekommen
war. Das Buch hatte etwa eine Strecke von 7 — 8 Meter
zurückgelegt, wobei es sich manchmal ruckweise fortschob,
als ob es in unterbrochenen Zügen von einer unsichtbaren
Kraft gezogen würde. Nachdem wir das Buch von der
Wand genommen hatten, versuchten wir, es wieder in derselben
Weise an die Wand zu heften, aber es haftete nicht
und fiel immer wieder herunter."
Diese Erzählungen der beiden jungen Leute, an deren
Wahrheitsliebe nicht zu zweifeln ist, haben die Anconaer
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