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De Fremery: Anleitung zur Kenntnis des Spiritismus. 197
da ich vollständig überzeugt bin, dass er das Vertrauen,
das ich auf ihn setze, nicht missbrauchen wird. Er kann
unter allen zufälligen Umständen besser handeln, als ich
selbst, weil er mehr Kraft hat," Käthe lud mich dann zu
sich in das Kabinett und forderte mich auf, bis zum Ende
zu bleiben.
Nachdem sie die Gardine geschlossen hatte, unterhielt
sie sich eine Zeitlang mit mir und ging darm quer durch
das Zimmer zu der Stelle, wo Fräulein Cook gefühllos auf
dem Boden lag. Käthe beugte sich über sie hin, berührte
sie und sagte: „Wach auf, Flory, wach auf! Ich muss dich
jetzt verlassen." Fräulein Cook erwachte darauf und bat
mit Tränen in den Augen Käthe, noch eine Weile zu bleiben.
Die beiden unterhielten sich mehrere Minuten lang mit
einander, bis zuletzt Tränen Fräulein Cook am Sprechen
verhinderten. Infolge von Käthe's Aufforderung trat ich
dann näher, um Fräulein Cook zu stützen, die nervös
schluchzend zu Boden zu fallen drohte. Ich sah umher,
allein die in Weiss gehüllte Käthe war verschwunden. Sobald
Fräulein Cook genügend beruhigt war, wurde ein Licht
angezündet, worauf ich sie aus dem Kabinett führte. —
Die fast täglichen Sitzungen, welche mir Fräulein Cook
in der letzten Zeit zugestanden hatte, haben ihre Kräfte
auf eine schwere Probe gestellt und ich muss dankbar anerkennen
, wie sehr ich ihi* für ihre Bereitwilligkeit, mir bei
meiner Untersuchung behilflich zu sein, verpflichtet bin.
Sie war gerne bereit, sich jedem Versuche zu unterwerfen;
sie ist offen in ihrer Sprache und niemals habe ich etwas
bei ihr angetroffen, das auch nur im geringsten an eine
Neigung, zu betrügen erinnerte. Ich glaube wirklich nicht,
dass sie einen Betrug verüben könnte; ihre Art ist einer
solchen Handlungsweise ganz fremd. Anzunehmen aber,
dass ein unschuldiges Schulmädchen von 15 Jahren imstande
sei, einen so grossartigen Betrug, wie diesen, auszudenken
und drei Jahre mit Erfolg durchzuführen, sich
in dieser Zeit jeder Probe zu unterwerfen, jeder Untersuchung
zu trotzen, jeden Augenblick bereit zu sein, sich
untersuchen zu lassen, sei es vor, sei es nach einer Sitzung,
und sogar in meinem eigenen Hause mehr Erfolg zu haben,
als in dem ihrer Eltern, während sie doch wusste, dass sie
mich mit dem bestimmten Zweck besuchte, sich streng
wissenschaftlichen Untersuchungen zu unterwerfen, anzunehmen
, sage ich, die Käthe King der letzten drei Jahre
sei das Resultat eines Betrugs, heisst dem gesunden Verstand
des Menschen mehr Gewalt antun, als zu glauben,
dass sie das ist, was zu sein sie selbst vorgibt.« —
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