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214 Psychische Stadien. XXXV. Jahrg. 4. Heft. (April 1908.)
interessanten Beitrag zur Beantwortung dieser Frage gibt
Marcel Mangin, das Redaktionsmitglied der ^Annales des
Sciences Psvchiaues^ im letzten Hefte 1907. Wenn ich
auch tiberzeugt bin, dass wohl eil sehr grosser Teil der geehrten
Leser mit den Hypothesen Mangin's nicht einverstanden
istt so glaube ich doch, dass die Ausführungen
und Beobachtungen des Gelehrten das lebhafte Interesse
auch der deutschen Leser erregen werden. —
Mr. Mangin bemerkt in der Einleitung, wie merkwürdig
es ist, dass, obwohl sich in Lourdes seit einem halben Jahrhundert
wunderbare Phänomene ereignen und zwar in vollem
Tageslicht, ohne das Dunkelkabinett der Spiritisten, offen
und für alle kontrollierbar, dennoch bis jetzt keine eigentliche
Erklärung vorliegt und man nicht weiss, wie man sich
hierzu verhalten soll. Mangin erinnert bei dieser Gelegenheit
an die Stellungnahme des berühmten Psychikers F.
Myers zu der Frage. Dieser und sein Bruder Dr. A. T.
Myers publizierten. 1893 ihifl^erste Studie über ffMindcure.
TTaithcure and the miracles ofLourdes^__ ~
---pSiure^ bedeutet »Heilung durchdeJT&eist«. Diese
Lehre ist bekannt unter dem Namen „christliche Wissenschaft
". Der Kranke wird geheilt, sobald er die. feste
Ueberzeugung hat, dass er ein reiner Geist ist, den kein
physisches Leiden und kein Schmerz treffen kann. Die Anhänger
der „Faithcure", d.h. der Heilung durch den Glauben,
lehren, dass Schmerz und Krankheit durch den Glauben an
die göttliche Allmacht, der sich im Gebete äussert, geheilt
werden können« Mr. Mangin führt u. a. folgende Beispiele
solcher Heilungen an, welche Myers als glaubwürdig bezeichnet
hat:
Das 3jährige Kind eines Amerikaners, der sich sehr
für psychische Phänomene interessierte und absoluter Gegner
des Spiritismus war, wurde schwer krank. Der Arzt hatte
die Kleine aufgegeben. Da, wie durch eine plötzliche Eingebung
, gewinnt der Vater die Ueberzeugung, dass sein
Kind wieder gesund werde. JEr hüllt es in warme Decken
ein und bald darauf beginnt in der Tat die Besserung des
Zustandes. In kurzer Zeit war das Kind geheilt. Dies
war 1867. ~~ Im Jahre 1880 hatte eine 15 jährige Tochter
desselben Mannes das Unglück, sich den Fuss mit einem
schweren Hammer zu zerquetschen. Der Spezialist hatte
den Fuss geschient und erklärte, dass die Verletzte vor
neun bis zehfi Monaten die Krücken nicht entbehren könne.
Nun erinnerte sich die Mutter des Mädchens an eine Aerztin
Mme. X, welche viele Gliederrerrenkungen usw. geheilt
hatte, und brachte ihre Tochter zu dieser Frau. Einige
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