Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
35. Jahrgang.1908
Seite: 223
(PDF, 215 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Kaindl: Persönlichkeit und Wandlungen der Persönlichkeit. 223

meine Befugnis hinausgehen würde, sondern kurz in Erwägung
ziehen, inwieweit die Persönlichkeitsverwandlungen
echt oder bloss nachgeahmt sind. Ich beeile mich zu bemerken
, dass ich tatsächlich keinerlei Lösung dieser Frage
zu finden vermag, denn diese Transformationen scheinen
mir zugleich nachgeahmt und echt zu sein.

Sie besitzen jene Grundlage von Verstellung und Komödie
, welche in uns Menschen nie fehlt. Wie wahrhaft,
offenherzig und treu wir auch immer sein mögen, so bleibt
doch immer ein gewisses Element von Schauspielerei in uns
bestehen. In,allem, was wir tun, sind wir uns selbst zum
Trotz zu gleicher Zeit Zeuge und handelnde Person. Zur
selben Zeit, wo wir handeln, fühlen wir, dass in unserem
Innern jemand ist, der uns beobachtet und bekrittelt, so
dass wir niemals unbedingt und vollständig aufrichtig sind.

Wenn sich eine Person in einem Zustande von hochgradigem
Zorne befindet, so möchte es auf den ersten Anblick
scheinen, als ob sie vollkommen ausser sich und des
Bewusstseins beraubt wäre. Doch nichts von alledem!
Trotz ihres Zornes verbleibt in jener Person Irgendwer,
der sie betrachtet, sie beurteilt, sie abschätzt und der
immer, mehr oder minder, imstande ist, wennschon nicht sie
zu zügeln, so doch wenigstens das Ungeordnete ihres
Treibens, dem sie sich überlässt, zu erkennen.

Aehnlicherweise ist auch bei Individuen, welche sich in
einem Zustand totaler, systematischer Amnesie zu befinden
scheinen, der Gedächtnisschwund nicht so gründlich, als sie
glauben und andere glauben machen möchten. Der Wechsel
der Persönlichkeit ist, wie gut auch die Szene gespielt werden
mag, nicht unbedingt und vollständig echt. Sie hat allen
Anschein von Wahrheit; sie ist sogar, wenn Sie wollen,
wahr, weil der Antrieb unwiderstehlich und unwillkürlich
ist und weil Täuschung ein Wollen voraussetzt. Aber
hinter allen diesen Persönlichkeiten, welche sich so deutlich
offenbaren, da lebt und denkt eine viele tiefere Persönlichkeit
, eine, welche wir niemals gewahr werden, welche in
uns ist, welche alle unsere Handlungen abwiegt, die sie daher
berichtigen kann, und welche uns in einem verhängnisvollen
Augenblicke vom Rande des Verderbens zurückzuhalten
vermag.

Ich habe den Fall von HSallyu angeführt, welche der
Miss Beauchamp Streiche spielte. Ja, allerdings; aber sie
ging darin nicht so weit, sie zu töten. Auf diese Weise
können wir mit Hilfe des suggestiven Einflusses den Anschein
von Verbrechen erwecken, doch erzielen wir nie
etwas anderes als das, was man witzigerweise .Labora-


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