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304 Psychische Studien. XXXV. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1908.)
Pfarrer wurde das Licht, das er in der Hand hielt, ausgeblasen
. Die drei Männer schlössen nun die Haustüre fest
zu und beteten und exorzierten vor dem Hause. Siehe, da
fällt ein grosser irdener Topf mit solcher Wucht dem
knieenden Priester auf den Rücken, dass er dabei in
Stücke geht, und aus der geschlossenen Türe heraus fliegen
Steine und treffen die Brust des Kirchendienern. Unterdessen
war die Nachbarschaft zusammen gelaufen. Man
öffnete die Türe. Alle traten ins Haus und vor aller
Augen spielte sich die wunderlichste Szene ab. Die Möbel
schwangen sich in Schwindel erregendem Tanze, wobei die
Stühle bis zur Zimmerdecke emporsprangen, während
Glocken und Hausgeräte durcheinander läuteten und
klirrten. Nun steht das Haus leer. Der Pfarrer Cutrone
und ein Arzt beglaubigen die Mitteilungen. 0. OMsen.
e) Der Spuk von Hampton-Court. Die bereits
ungewöhnlich reichhaltige Gespenstersammlung des
London benachbarten Schlosses Hampton - Court erscheint
mit einem Male durch eine ganze Gesellschaft vermehrt.
Als jüngst (Mitte Februar er.) der auf der Schlossterrasse
wachthabende Polizist um Mitternacht auf seinem Posten
stand, bemerkte er in geringer Entfernung auf dem breiten
Kiesweg , der den Park durchschneidend auf das Schlossportal
zuführt, eine Anzahl feiertäglich gekleideter Herren
und Damen. Von dem ungewohnten und unerklärlichen
Anblick aufs höchste befremdet, behielt er die Gesellschaft,
die sich ihm langsam näherte, angespannt im Auge und bemerkte
, wie sie sich prozessionsartig zu zwei und zwei aufstellte
, um dann gleich einem Leichenzug feierlich auf ihn
zuzuschreiten. Sein Herz begann crescendo zu pochen, als
die ganze Erscheinung in einer Entfernung von vielleicht
zehn Schritten plötzlich in Nichts zerrann! Ein paar Tage
darauf starb einer seiner besten Freunde, und er betrachtete
die wunderbare Begebenheit dechalb nachträglich als eine
gespenstige Vorbereitung auf dieses schmerzliche Ereignis.
Diesen unerwarteten Geisterzuwachs, von dem die Tagespresse
gebührende Notiz nahm, werden die alteingesessenen
Gespenster des berühmten Schlosses, das einst von Kardinal
Wolsey dem König Heinrieh VIII. zum Geschenk gemacht
wurde, wohl nicht als ganz standesgemäss betrachten; sind
doch wenigstens zwei von ihnen fürstlichen Randes. Das
älteste ist das der dritten Frau des königlichen Eherekordbrechers
Jane Seymour, die bald nach der Taufe ihres Söhn-
chens, des späteren Königs Eduard VI.f starb, im Grabe
aber offenbar keine Ruhe fand, da man sie nach ihrer Beisetzung
nächtlicherweile mit einer brennenden Kerze in der
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