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Psychische Studien. XXXV. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1908.)
Luft von freier Liebe. Wenn hiermit gemeint sein soll: der geschlechtliche
Bund nur aus innerer Ueberzeugung, nur auf ein wirkliches
Gebot des Herzens hin, so ist dies nichts Neues. Wenn aber
damit gemeint sein soll, dass die Tore geöffnet werden sollen finden
Wechsel der geschlechtlichen Bande, so müssen wir im Namen
des tiefsten menschlichen Wertes und Wesens mit Entschiedenheit
Einspruch erheben." Und was er zuletzt über die Ueberwindung
der Schrecken des Todes mit so feurigen und überzeugungstreuen
Worten spricht, das gehört mit zum Besten, was je über diesen
Gegenstand geäussert worden ist. „Was der Mensch einmal wahrhaft
besessen hat, das kann er niemals verlieren * „Und so will ich
denn frei bekennen: ich bin durch meine Toten nur stark geworden
/ „Das Leben in der Begeisterung, das Leben mit ganzer
Hingabe ist das wirksamste Kampfmittel gegen die Schauer des
Todes." Nietzsche ^agt: „Lieben und Untergehen reimt sich seit
Ewigkeiten. Wille zur Liebe, das ist: willig auch sein zum Tode/
Wienhold.
Einführung in die Psychologie. Für Schule und Selbstbelehrung bearbeitet
von A. meerkalz, Königl. Seminarlehrer in Löwenberg
(Sehl). Halle a, S. Pädagogischer Verlag von Hermann Schroedei
1908. 178 8.8'. Preis Mk. 2.-.
Das Werkchen ist zunächst für Seminarien geschrieben und
wird sicher bei Wiederholungen des sich immer mehr erweiternden
Stoffes grossen Nutzen bringen. Da aber die Kenntnis dessen, was
die positiv gerichtete Wissenschaft über die Seele und ihre Tätig»
keit erforschte, für denkende Menschen unerlässlich ist, wird dieses
jn Frage und Antwort abgefasste Buch auch vielen Laien willkommen
sein. Es enthält in knapper Form das, was man ,Examenwissen
* nennt. Damit nicht beim angehenden Lehrer sich jene
kecke Zuversichtlichkeit ausbilde, die mit eingelernten Formeln
alles was wie ein Widerspruch gegen das im Seminar Getriebene
aussieht, zu Boden zu schlagen vermeint, wird der auf höherer
Warte stehende Psychologie vortragende Seminarlehrer an geeigneten
Stellen immer darauf hinweisen, dass, was so federleicht aussieht
, auf tiefen wissenschaftlichen Gründen beruht und im Lichte
einer abweichenden Anschauung auch anders aussehen kann. Da
der Verfasser in der Psychologie nun einmal, wie das so vielfach
der Brauch ist, auch die Lehre vom Begriff, Urteil und Schluss behandelt
, ist wohl die Frage erlaubt, warum er nicht auch das analytische
und das synthetische Urteil in den Kreis der Betrachtung
zieht. Wienhold.
Voltaire. Sech3 Vorträge von David Friedrich Strauss. Neu herausgegeben
und mit Anmerkungen versehen von Dr. Hans Landsberg.
Volksausgabe. Leipzig, Alfred Kröner Verlag. 162 S. Gross S\
Preis Mk. 1.—.
Sicherlich ist diese Biographie die weitaus beste unter den
vielen Biographien Voltaires und zugleich die glänzendste Charakteristik
, welche die in tausend Farben schillernde Persönlichkeit Voltaire?*
erfahren hat. Der billige Preis dieser sehr gut ausgestatteten Volksausgabe
wird die Anschaffung wesentlich erleichtern. Nicht nur der
Historiker und Literaturfreund, sondern vor allem auch der Psycholog
findet hier reiche Schätze. Wienhold.
Religion und Politik bei ßoethe. Sechs Vorlesungen, gehalten an der
Ehein-Mainischen Volksakademie zu Heppenheim a. d. B. Hauptsächlich
im Anschluss an Goeth*}% Gespräche mit Eckermann, von
Dr. R. Strecker, Bad Nauheim. Giessen 1908. Verlag von h.mil
Roth. 158 Seiten 8°. Preis geh. Mk. 1.60, eleg. geb. Mk. 2.—
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