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368 Psychische Studien. XXXV. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1908.
der, der sich die Mühe nicht verdriessen lässt, sich durch die oben-
fenannte scharfsinnige Schrift eines zweifellos berufenen Vertreters
ieser Psychologie hindurchzuarbeiten, klar und deutlich darin ausgesprochen
. Und er findet darin auch die Gründe auseinandergesetzt
, warum der Psychologe der Metaphysik, aus der seine Wissenschaft
doch ursprünglich hervorgegangen ist und von der sie sich
im Verlauf ihrer Entwicklung immer mehr und mehr emanzipiert
hat, um sich zu einer selbständigen Disziplin auszugestalten, — den
Rücken kehrt. Die Psychologie der Gegenwart will sich nicht
ins Metapsychische erweitern. Denn solche Erweiterung bedeutet
für den Psychologen nichts anderes, als eine Verflüchtigung ins
Uferlose metaphysischer Spekulationen. Die Psychologie aber will
die Wissenschaft bleiben, die es nur mit den ßewusstseinserschein-
ungen und deren (bewussten und unbewussten) Bedingungen zu tun
hat. Mit weiter nichts! Dies geht schon aus der Definition des
Begriffs „Bewusstsein* hervor, die der Verfasser gibt. Er sagt:
„Bewusstsein ist der Inbegriff aller geistigen Wirklichkeiten, die
sich uns entweder im eignen, unmittelbaren Erleben als wirklich
erweisen oder von uns durch wissenschaftlich einwandfreie Schlüsse
in ihrer Wirklichkeit erschlossen werden.* — Wissenschaftlich einwandfreie
Schlüsse! Darin liegt es. Deshalb auch die grosse Vorsicht
der heutigen Psychologen gegenüber dem Neuen, das noch
Einwänden ausgesetzt ist. Deinhard.
L'annee occultiste et psychique 1907. (I. Jahrg.) Von Pierre Piobb.
In-16. 304 S. Verlag von iV. Daragon. Paris 1908. Preis geh. f res. 8.50.
Das obenstehende Werk berücksichtigt alle Beobachtungen
von wirklich ernstlichem Charakter, alle wissenschaftlichen Arbeiten
, sowie alle beachtenswerten Theorien, die während des
Jahres 1907 im Gebiet des Okkultismus, d. h. der Astrologie, der
Alchymie, der Symbolik, des Esoterismus, der Divinationskunst, der
Prophetie, des Psychismus, des Spiritismus und des Magnetismus
bekannt geworden sind. Als Sammelwerk kommt ihm daher ein
hoher Wert zu; es zeigt uns, in welcher Eichtung namhafte
Forscher heutzutage Gedanken wieder aufnehmen, die lange genug
vernachlässigt geblieben sind. Aber auch an neuen Gedanken ist
das Buch selbst nicht arm, und nicht nur der okkultistische Laie
wird darin sehr treffliche Orientierung über den gegenwärtigen
Standpunkt der ihn interessierenden Fragen finden, sondern auch
der Vorgeschrittene und Unterrichtete wird über manchen Punkt
Klarheit gewinnen und vielfache Anregung erfahren. Jedem
Freunde der okkultistischen Sache kann man nur die Anschaffung
dieses Werkes empfehlen, wie denn dasselbe, falls seine Fortführung
das hält, was der erste Jahrgang verspricht, für alle Bibliotheken
zur notwendigen Erwerbung gehören dürfte. Freudenberg.
La subconscience. Von J. Jastrorv, Professor der Psychologie an der
Universität in Wisconsin (U. S. A.). Aus dem Englischen ins
Französische übersetzt von Lizentiat E, Philippi. Mit einer Vorrede
von Prof. Dr. Pierre Janet. (8°. 880 8.) Paris 1908, Felix
Alcan. Preis geh. fres. 7.50.
Auch einem deutschen, in der psychologischen Literatur nur
einigermassen bewanderten Leser braucht man nur den Namen
Pierre Janet zu nennen, um bei ihm die Zuversicht zu erwecken,
dass es sich bei einem Werke, dessen Einführung auf dem französischen
Büchermarkt er übernimmt, um etwas wirklich Gediegenes
und Hochwissenschaftliches handelt. Und diese Annahme trifft in
der Tat zu. Das JaslronfBche Buch bietet ein anschauliches, lebendiges
, farbenreiches Bild von allen jenen normalen und pathologi-
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