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486 Psychische Studien. XXXV. Jahrg. 8. Heft (August 1908)
loser Selbstsucht, welches neun Zehnteile der Menschen in
schwerste Sklavenketten schmiedet und zu Entartung verurteilt
, so viele Gattungen anderer Tiere zu elenden Zerrbildern
macht und mitleidlos der Vernichtung preisgibt,
bleibt auch nicht stehen vor Liebe, Anmut und Schwäch**
des Weibes, sondern zwingt das schöne Geschlecht zu Arbeiten
und Taten, welche seiner Natur feindlich sich widersetzen
und alle Weiblichkeit zynisch zerstören.
Unkundige Matadoren, dumme Adepten und irregeleitete
, verblendete, dem Prozess leiblicher und seelischer
Entartung anheimgefallene Frauen, unbewusst im Dienste
der egoistischen Nationalökonomie, singen und schreien
„Emanzipation der Frauen" und glauben, durch Setzung des
Weibes in naturwidrige Verhältnisse nicht nur das weibliche
Geschlecht zu befreien, sondern die ganze Menschheit
von allem Uebel zu retten. Grössere Kurzsichtigkeit sowie
falschere Mittel und irrigere Wege können nicht erdacht
werden; denn solche heillose »Emanzipation« befreit nicht
das Geschlecht der Frauen, sondern treibt die Töchter des
Menschen in scheussliche Moräste von Unfreiheit und Zwang,
Elend und Jammer, zerstört Gesundheit und Schönheit,
Weiblichkeit und Natürlichkeit, und macht aus der anmutigen
, reizenden Frau eine unmutige, abstossende Er-
werbsmaschiue, nimmt der Ehe Duft und Salz des Lebens,
bringt Abnormität in die Familie und die Erziehung der
Nachkommen, welche die ganze Sorgfalt und Kraft der
Mutter herausfordert, auf falsche Geleise.
Das Unheil der Frauen-Emanzipation, ein unbewusster
Notschrei wider das verruchte tantum-quantum, beschränkt
mit grösster Notwendigkeit die Erwählung der Frauen zur
Ehe. Wer will gerne eine Arbeitsmaschine, eine unweibliche
, kranke Genossin heiraten, der es an Reiz und Anmut
fehlt, die als Apotheker lernte, Aerztin wurde, in Schreibstunden
als Klerk vergilbte oder als Advokatin Prozesse
führte, oder als Pastor auf der Kanzel schrie! Nein, hinweg
mit dieser Ausartung und wirklichen Karikatur! Wegen
eines solchen erbärmlichen, abscheulichen Systems gemeinster
Selbstsucht, schwerster Sünde und Entartung sollen doch
die Frauen nicht geopfert werden und die kommenden
Geschlechter nicht entarten!
Unter Herrschaft des Systems der altruistischen Gegenseitigkeit
triumphiert die Natur; beide Geschlechter erfüllen
ihre natürliche Bestimmung und wachsen, blühen, gedeihen.
Es ist jedes Hemmnis der Ehe aus dem alleinigen Beweggrund
der Liebe entfernt; darum werden die Ehen zu
Quellen wahrer Glückseligkeit und Gesundheit, und bleibt
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