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Wernekke: Automatischer Wechselverkehr
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hatte. Die hier besprochenen „Mitteilungen" sind im allgemeinen
nicht umfänglich, meist in englischer Sprache,
doch vielfach mit lateinischen und griechischen Sätzen*)
wechselnd, welche den Eindruck hervorrufen, als ob sie,
in ihrer Handschrift verschieden unter einander wie von der
des Mediums, von Prof. Myers und seinen Freunden Dr.
Sidgwick und Gurney herrührten (alle drei sind verstorben),
• Im Januar 1904, als Mrs. Holland sich in Indien aufhielt,
schrieb ihre Hand eines Tages: „Send this to Mrs. Verrall,
5 Selwyn Gardens, Cambridge." Die hier genannte gelehrte
und in psychischer Forschung wohlbewanderte Gemahlin *
des Dr. Verrall wird in dem obengannten Werke von Myers
erwähnt, war aber Mrs. Holland persönlich nicht bekannt.
Durch Vermittlung von Miss Johnson kam darauf, auch
nachdem Mrs. Holland nach England zurückgekehrt war,
jener über zwei Jahre andauernde automatische „Wechselverkehr
" zwischen den beiden Damen zustande, wobei
direkter Gedankenaustausch absichtlich vermieden wurde.
Es zeigte sich zwischen ihren Niederschriften, die für sich
oft unklar geblieben waren, beim Zusammenhalten, eine
eigentümliche Wechselbeziehung, ein Verhältnis gegenseitiger
Ergänzung und Erklärung, wobei zuweilen von Vorkommnissen
neuesten Datums die Rede war, welche daher
nicht (wie bei sonstigen „Testf'-Mitteilungen aus der Vergangenheit
) schon mehreren Personen bekannt waren und
zu telepathischer Beeinflussung hätten führen können. Die
Eigentümlichkeit, dass die Mitteilungen erst durch „Aufeinanderlegen
" verständlich wurden, erinnerte an eine Stelle
eines Gedichts, das Mrs. Verrall im Juli 1904 automatisch
niederschrieb, wo es (in freier Uebersetzung) heisst:
Fast unbemerkt ziehn Bilder nach der Bein'
An unserm traumbefangnen Aug' vorbei,
Und dennoch wirkt auch dieser flücht'ge Schein
Und drückt sich uns als Teil vom Ganzen ein:
Nach ^Form und Farbe wird es ausgeprägt,
Wenn sich das neue Bild aufs alte legt.
Wir sehn erst nur, was grade vor uns liegt,
Doch nicht den Plan, nach dem das Werk sich fügt,
Bis sich ein Stein zum andern hat gesellt
Und so der Wunderbau Bestand erhält.
*) Diese Sätze werden im Original wiedergegeben und eine
Uebersetzung beigefügt. Nicht immer sind sie leicht verständlich.
Auf S. 379 scheint aber durch die Uebersetzung das Verständnis
erschwert: „Ne pone meum stilum et alter alterum* — allerdings
mangelhaftes Latein! — kann doch nur heissen: Lege meinen Griffel
nicht weg und der andere den anderen - aber nicht „und ein
zweiter einen zweiten". [Warum nicht? Der andere = ein zweiter.
Spätlatein! — B e d ]
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