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Peter: Die Identität der „Geister*.
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Tisch, sodass der Raum völlig hell erleuchtet war. Kaum
hatten die Teilnehmer Platz genommen, so wurde eine sonderbare
zitternde Bewegung des Tisches beobachtet, welche
sich so weit steigerte, dass der schwere Tisch sich von allen
Seiten hob. Dann kamen starke Klopflaute, und zwar wurden
dieselben nicht nur im Tische gehört, sondern schienen im
ganzen Zimmer verteilt zu sein; sie kamen vom Boden, ja
selbst aus den Stühlen. Schliesslich ertönten fünf dünne
Klopfiaute direkt unter der Hand der Gräfin. Mr. Home
erklärte, dass dies das Zeichen sei, dass man das Alphabet
verlange. Nun wurde der Name „Stella" geklopft. Die
Gräfin, welche dem Ehepaar Home völlig fremd war und
erst eine Stunde vor der Seance die Erlaubnis zur Teilnahme
erhalten hatte, war im höchsten Grad überrascht,
den Namen ihres verstorbenen Kindes zu vernehmen. Sie
hatte ihren Liebling im Alter von 5 Jahren und 10 Monaten
nach kurzer Krankheit verloren. Es war schon
längere Zeit her und nichts konnte an ihrer Kleidung
den Trauerfall verraten. Sie fragte, ob ihr Kind ihr
nahe sei, — und ein wahrer Schauer von freudigen
kleinen Klopftönen war die sofortige Antwort. Nun bat
sie, wenn es wirklich ihr Töctrterchen sei, so möge es das
Alter bei seinem Tode angeben. Es kam richtig. Die
Dame war tief ergriffen. Die weitere Mitteilung lautete:
„Du musst nicht weinen, liebe Mama!" Zugleich bewegte
sich das Taschentuch, das vor der Dame auf dem Tische
Jag, langsam an den Band des Tisches und wurde dann
hinuntergezogen. Die Gräfin erzählt: „Die Gestalt meines
Lieblings schien neben mir zu stehen. Ich konnte deutlich
ihren Körper sich an mich anschmiegen fühlen; alle im
Zimmer hörten das Knistern meines Seidenkleides. Auf
den Knien fühlte ich eine Berührung, wie von einer Kinderhand
; ich griff unwillkürlich hin: dort lag mein Taschentuch
und eine kleine Hand drückte die meine, — sie war
so vollkommen identisch mit jener kleinen Hand, welche
mir das Grab entrissen hatte, dass ich fühlte, es war niemand
anderes, als mein Kleinod, das neben mir stand.41
Die Gräfin betont ausdrücklich, dass von Einbildung nicht
die Rede sein könne; sie dachte vor der Seance nicht daran
, eine solche Begegnung zu haben. Alles vollzog sich
bei vollem Licht. Mr. Home stellte nun ein Licht auf den
Boden und bat die Teilnehmer unter den Tisch zu sehen.
Alle taten es und sahen, wie der grosse Tisch vom Boden
gehoben war, und niemand konnte irgend etwas bemerken,
was zur Lösung des Rätsels gedient hätte. Darauf kam
nochmals ein Zeichen von dem Kinde. Die Gräfin fühlte
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