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Klinckowstroem: Johann Wilhelm Bitter und seine Fragmente. 525
Fragmente, die Ritter in seinem Buch veröffentlicht hat, von
Novalis stammt, da dessen physikalischer Nachlass — zwei
ungedruckten Briefen an Karl v. Hardenberg zufolge — nach
seinem Tode in den Besitz Rilter's überging, und die Aehn-
lichkeit der physikalischen Fragmente Hardenberges, die
z. B. Minor's Ausgabe der Werke Novalis9 sehr vollständig
enthält, mit denen Ritter9 s ist in der Tat frappant. Es
fragt sich nur, wer von beiden in diesen Dingen der
gebende, wer der nehmende Teil war. Wir werden wohl
eine ziemlich gleich starke gegenseitige Anregung annehmen
dürfen. Heilborn erkennt den Fragmenten Ritters nur einen
bedingten Wert zu.
„Wie ein zum Teil leeres Spiel der Phantasie muten diese
physikalischen Fragmente heute an. Nicht ohne Flachheit
gibt sich dieser Tiefsinn", sagt er u. a. Es muss selbstverständlich
zugegeben werden, dass nicht alle Fragmente
gleichwertig sind. Ritter betont das selbst in der Vorrede.
Kein Wort derselben war ursprünglich für den Druck bestimmt
; es waren lediglich Privatnotizen und flüchtige Einfälle
, natürlich hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit von sehr
verschiedenem Werte, kurz Stoffsammlungen aus der Mappe
eines Physikers und Philosophen. Staunenswert aber ist
und bleibt Ritter9 % überquellender Ideenreichtum, bewunderungswürdig
sein lebendiger tieist. Er bringt die heterogensten
Dinge zusammen, deckt mit genialem Blick nie
geahnte Zusammenhänge auf und stellt solche her. Wir, die
wir die geistige Sphäre kennen, die ihn umgab und beherrschte
, wollen es ihm daher nicht allzusehr verübeln,
wenn er sich zuweilen in sehr gewagten Kombinationen
und Analogien ergeht oder gar in mystisch - dunklen Spekulationen
verliert. Jedenfalls bergen die „Fragmente"
fruchtbare Gedanken und Anregungen in Hülle und Fülle.
Es erübrigt noch kurz von Ritter's positiven Verdiensten
für die Wissenschaft zu sprechen. E. du Bois- Reymond,
fVilh. Ostwald und W. Olshausen haben denselben bereits in
hervorragendem Masse Gerechtigkeit widerfahren lassen.*)
Ich halte mich im Folgenden hauptsächlich an die Darstellung
der -Allgemeinen deutschen Biographie", 28. Bd.
(1889).
Ritler gibt in seiner Erstlmgsschrift „Beweis, dass ein
ständiger Galvanismus den Lebensprozess im Tierreiche
*) K du Bois-Reymond in seinen „Untersuchungen über die
tierische Elektrizität. 2 Bde. Berlin 1848/49; z. B. im 2. Bd., 1. Abt.
S. 220 usw. — W. Ostwald in seinem Werk „Abhandlungen und
Vorträge Leipzig 1904*, S. 359 ff. — W. Olshausen in der oben genannten
Schrift.
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