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Peter: Okkultismus in West-Afrika. 537
sehen, welche trotzdem dort wohnen, von den umliegenden
Stämmen für wenig Besseres als Teufel angesehen werden,
uud dass diese selbst sich ihrer Geistermitbürger und der
Schrecknisse, welche ihre Behausungen umgeben, rühmen.
Den Leuten von Nkama oder von Ourou nougou — dies sind
solche von Teufeln bewohnte Distrikte — macht es das
grösste Vergnügen, wenn sie jemand, der sie besucht, d. h.
an die Grenze ihres Gebietes kommt, in Schrecken setzen
können. Wohl mag ja auch die wilde Naturszenerie in
manchen Gebieten des dunklen Weltteiles dazu beitragen,
die leicht entzündbare Phantasie der wilden Stämme zu erregen
. „Ich erinnere mich wohl,tt erzählt Miss Kingsley,
»an die erste Nacht, welche ich auf einer der kleinen Inseln
in den Sümpfen von Lamberenie verlebte. Als ich fragte,
warum die Hütten keine Fenster hätten, wie doch bei den
Ajumba und Igalwa, sagten die Leute ganz ruhig, je weniger
eine Hütte da herunten Oeffnungen habe, desto besser
sei es, weil so viel Dinge durch die Oefinungen zu sehen
wären; und dann folgte die Aufzählung dieser Dinge: Ein
grosses Auge hielt ein Fenster jede Nacht hindurch besetzt
mit schrecklichem Antlitz; dann hing eine Hand an der
Türschwelle, welche man mit dem Messer wegschneiden
wollte, aber sie blutete und blieb dennoch" u. s. f. Und
nun beschreibt die Erzählerin die Szenerie, welche sich ihr
beim Vollmondscheine von ihrer kleinen Hütte aus bot:
„Tch sah auf eine der lehmigen Inselchen namens Njuki
nieder; sie war von klarem Wasser umgeben, aus dem der
düstere Wald wie eine dunkle Wand von hundert Fuss
Höhe emporstieg, so dicht, dass weder die Strahlen der
Sonne, noch der Schein des Mondes sie zu durchdringen
vermochte. Der schwarze Schatten dieser Wand lag wie
ein Mantel auf dem Wasser und glich im Mondenlicht einem
grossen Samttuch, das auf silberner Fläche ausgebreitet
war. Im Dunklen sah man den Schein der Feuerfliegen;
unten am Strande aber lagen die Krokodile, fast wie
Schwäne im sandigen Ufer. Sie boten nicht, wie am Tage,
das Bild des wie ein Klotz schlafenden Tieres j jetzt waren
sie in ihrer plumpen Weise lebendig und lärmend; ihr
Bellen klingt wie wehklagendes Weinen. Man versteht, warum
die Eingeborenen früh sich niederlegen und ihre
Hütten auf Stangen errichten. Hin und wieder hebt sich
die schwarze Masse eines Flusspferdes aus den Wassern
und schleppt sich zum Strand oder sinkt nach einem
ächzenden Ton wieder zurück. Weisse Nebelschleier ziehen
wie Silbergewebe feierlich über das Gewässer, bald wie in
den See versinkend und dann wieder am Strande hinwogend
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