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Kurze Notizen.
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bringen, wo es getauft werden sollte. An der Spitze des
Zuges schritt ein Priester. Zu ihrer grossen Verwunderung
sahen die Eltern, wie eine Wache von österreichischen
Soldaten, die Venedig damals besetzt hielten, herantrat und
vor dem Korbe salutierte, denn sie glaubte, er enthalte die
Reliquien eines Heiligen. „Soldaten präsentieren die Waffen
vor meiner Tochter, dem Kinde einfacher Bauern!", rief
die Mutter der kleinen Eleonore. „Dann wird ihr eine
grosse Zukunft beschieden sein, und Könige und Königinnen
werden sie bewundern." Bs war der guten Frau nicht mehr
beschieden, ihre Prophezeiung in Erfüllung gehen zu sehen,
denn sie starb, als ihre Tochter erst 14 Jahre zählte. —Frau
Carnot) die Witwe des ermordeten Präsidenten von Frankreich
, besitzt ein kleines indisches Götzenbild, an das sich
eine eigentümliche Geschichte knüpft. Als ihr Gatte einfaches
Parlamentsmitglied war und keinerlei Aussicht hatte,
jemals Präsident zu werden, schenkte ihm ein Freund, der
eben aus Indien zurückgekehrt war, das Götzenbild, erklärte
ihm aber, es knüpfe sich daran die Legende der Besitzer
der Reliquie würde königliche Macht erlangen, aber eines
unnatürlichen Todes sterben. Es müsste wohl etwas an
der Legende sein, denn das Götzenbild habe der Dynastie
der Rhadjuraos angehört, deren sämtliche Vertreter in der
erwähnten Weise ums Leben gekommen wären. Bekannt*
lieh fiel auch Garnot, nachdem er die höchste Macht in
Frankreich erlangt hatte, durch Mörderhand. — Eine der
eigentümlichsten Prophezeiungen aber, die je ausgesprochen
wurden, stammte von einem alten blinden Hausierer, dem
der Stallbursche eines englischen Lords aus Mitleid etwas
abkaufte. „Sieh' mir in's Gesicht!" sagte der Blinde, und
der Stalljunge tat es. „Ich prophezeie dir, du wirst eines
Tages zu grosser Macht gelangen und Fürsten hilfreich zur
Seite stehen," sagte der Hausierer in prophetischem Tone.
Dem Burschen machte die Bemerkung so grossen Spass,
dass er sie seinen Freunden erzählte, und diese gaben ihm
daraufhin den Spitznamen „Großsherzoga. Das Merkwürdigste
aber dabei ist, dass der Junge, nachdem er erst
Jockei, dann Diener des Herzogs von Lucca gewesen, zum
Finanzminister des Herzogtums Parma emporstieg, — mit
einem Worte, es war niemand anders als der berühmte
Minister Baron Ward.
Franz Zippra (Vares, Bosnien).
b) Ein merkwürdiger Fall von Telepathie
wurde laut „Oesterr. Volks-Zeitunga vom 24./1. 07. in Chicago
beobachtet. Ein Einwohner dieser Stadt hatte in Syrakus
eine Zwiliingsschwester wohnen. Jedesmal, wenn er
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