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5(kS Psych. Studien. XXXV. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1908,)
gesehen und kann mir lebhaft vorstellen, wie verblüffend
dies Bild wirken musste. Wie sich wohl die Skeptik dieses
Phänomen erklärt? P.) Betzy mit der Stimme von echt
weiblichem Timber und Dr. Benton mit seiner charakteristischen
, starken und vibrierenden Stimme! Betzy zog sich
dann zurück, Benton aber blieb und sprach lange. Er
drückt sich präzis aus und spricht formvollendet, was das
Medium nicht tut. —
Die nächste Gestalt ist interessant vegen des Namens,
Sie ist gross, dünn, mit einem kleinen Kopf. Sie sagt:
„Beranger." Man fragt: „Le chansonnier?" Die Gestalt
antwortet bejahend und: „Ich bin glücklich, Euch alle zu
sehen!" Im Kabinett wird gesagt, dass er sich zum ersten
Male materialisiert habe. Dann erscheinen zwei Gestalten
nach einander: Angele Marchand und Lilie Roberts, welche
der geehrte Leser schon kennt.
Den Schluss der Seance bildet eine höchst merkwürdige,
bisher nicht beobachtete Manifestation: ein Mann, gross
und anscheinend jung, kommt aus dem Kabinett, fast feierlich
schreitet er vorwärts und wendet sich zu Pastor
Benezeck und dessen Gattin. Er sagt mit schwacher
Stimme: „Papa, Mama!" und neigt sich zu ihnen herab,
ohne sie zu berühren. Die beiden strecken ihm die Arme
entgegen und rufen unter Schluchzen: „Bist du es, Georg,
— Georg, mein Sohn?tt Die Erscheinung macht ein Zeichen
der Bejahung und obwohl sie nicht sprechen kann, fühlt
man doch, dass sie selbst ebenso bewegt ist, wie die Eltern.
Sie hat Mühe, sich zu halten und schwankt wie die Flamme
einer Kerze im Winde. Murmelnd spricht sie: „Ich bin
glücklich, Mama!a Die Szene war so erschütternd, berichtet
Letort, dass kein Auge trocken blieb. Das Phantom
zieht sich hierauf gegen die Vorhänge zurück und versinkt
dort in den Boden. Pastor Binezech wiederholt mehrere
Male: „Es ist seine Gestalt, — ja es war ganz seine Gestalt
!" Das Merkwürdigste aber war, dass das Phantom
einen Kopfbund trug: ein Taschentuch war unter dem Kinn
durchgezogen und oben auf dem Scheitel geknüpft, ähnlich
der Binde, welche man den eben Verstorbenen anlegt, um
das Herunterfallen des Kinns zu verhindern. Man konnte
den Knoten deutlich sehen. Als man um den Grund
fragte, erklärte Betzy (im Kabinett), dass dies geschehen
sei, um den Kopf festzuhalten, der nicht gut, weil zum
ersten Male, materialisiert sei.
Schliesslich trat Betzy heraus und sang mit den Teilnehmern
ein amerikanisches Lied, wobei man ihre Stimme
deutlich heraus hörte. Noch ein „Good night* und die
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