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Kaindr Eusapia Paladino und der Spiritismus. 581
dies genügte, sie in einen Trancezustand zu bringen, und
bewirkte, dass sie in der Hand eine leichte elektrische Erschütterung
verspürte. Als die Platte entwickelt wurde,
zeigte sich an der Stelle, wo ihr Zeigefinger geruht hatte,
eine verschwommene Linie von der Länge dieses Fingers.
Diese Tatsache, welche vielleicht mit spiritistischer („spiri-
tistica) Radioaktivität zusammenhängt, kann mit
einer, von Flammarion beobachteten ähnlichen Anomalie
verglichen werden, welche darin bestand, dass sich um die
Umrisse der Pinger herum eine durchscheinende Helle (ein
durchsichtiger Schimmer) bemerkbar machte, die beinahe
eine zweite, etwas unförmliche Aussenseite der Finger
bildete. Eusapia bemerkte, dass dies stets für sie ein
Zeichen sei, dass sie wunderbare Dinge erlangen könne. —
Der Urin ist gelb, das tägliche Quantum beträgt 2000
Gramm, mit einem spezifischen Gewichte von 1,023; er enthält
40 Prozent Zucker, 1,20 Prozent Phosphate, 3,598
Chloride uud schwache Spuren von Albumin (Eiweiss).
Nach einer mediumistischen Sitzung hatte sich das Albumin
bedeutend vermehrt (0,5 Prozent) und der Zucker sich \rer-'
mindert (20 Prozent). Die von den Professoren Bottazzi
und Galeotti angestellte Analyse ergab, dass die Dichtigkeit
unmittelbar nach der Sitzung zunahm (1,023 statt 1,022),
das Eiweiss sich vermehrte (2 Prozent anstatt 1,25), das
Nitrogen (der Stickstoff) sich von 9,53 Prozent auf 11,28
Prozent, die elektrische Leitungsfähigkeit von 150,10 auf
177,10 erhöhte und der Gefrierpunkt von 1,260 auf 1,560
zurückging*
Hypnotische Erscheinungen, welche mit den spiritistischen
Phänomenen so viel Aehnlichkeit haben, dass sie mit
ihnen leicht zu verwechseln sind, kommen bei Eusapia häufig
vor, wiewohl sie sich weder von Metallen, noch von Magneten
beeinflusst fühlt. So gelang es Dr. Arullani,*) indem
er ihr, bloss über die Stirn streichend, eine der Augenbrauen
mit seiner Hand rieb, sie zu hypnotisieren und sie alsbald
in einen kataleptischen Zustand zu versetzen. —
Vorahnungen („Praemonitionen") wurden Eusapia nur
zweimal zuteil, und selbst diese waren nicht besonders klar;
überdies erzählte sie dieselben in einer so phantastischen
und wandelbaren Sprechweise, dass man nicht leicht daraus
klug werden kann, um was es sich dabei eigentlich handelte.
Die erste ihrer „Ahnungen" bezog sich auf den bekannten
Juwelendiebstahl, dessen Opfer sie wurde. Ihrer eigenen
Behauptung zufolge war sie in der Nacht, die dem Ereig-
*) Dr. Arullani, „Sulla medianitä di Eusapia Palatino* 1907.
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