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582 Psych. Studien. XXXV. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1908.)
nisse unmittelbar vorherging, durch zwei aufeinanderfolgende
Träume davor gewarnt worden. Aber sogar aus ihrer Erzählung
geht hervor, dass sich die Ereignisse in einer von
ihren Träumen wesentlich abweichenden Weise zutrugen,
so dass sie, um in die Sache Licht zu bringen und den
Urheber des Diebstahls zu ermitteln, sich gezwungen sah,
sich sogar vor einer ihrer Rivalen, der unter dem Namen
Mme. del Piano bekannten Somnambule, zu demütigen, indem
sie bei ihr Rat suchte. Diese bezeichnete dann die
Frau ihres Portiers als die schuldige Person, eine Ansicht,
welche dadurch an Wahrscheinlichkeit gewann, dass sie
von der Polizei geteilt wurde.*)
Bei einer anderen Gelegenheit, in der Nacht, welche
ihrer „Entlarvung" in Cambridge vorherging, dem grössten
Missgeschick ihres Lebens, erschien ihr flJohnil und schüttelte
traurig sein Haupt. Letzterer scheint sich auch in Paris
wieder eingemengt zu haben, als man Eusapia, welche dort
erkrankt war, der Pflege einer Wärterin anvertraute, die
sie vernachlässigte und, anstatt über sie zu wachen, ein
Schläfchen hielt. Damals griff „Johna angeblich zu so energischen
Mitteln und kniff die Wärterin so nachdrücklich,
dass sie entsetzt davon lief. Ingenieur Graus, der dies erzählt
, berichtet weiter, dass, als Eusapia vom Polizeikommissar
getadelt wurde, weil sie die Portiersfrau ins Gesicht
des Diebstahls bezichtigt hatte, womit sie eine Nachforschung
nach den gestohlenen Juwelen aussichtslos machte,
da diese resultatlos verlief, sich die Sache so zu Herzen
nahm, dass sie in eine Ohnmacht verfiel. Hierauf habe
das Tischchen auf einmal sich zu bewegen begonnen und
vermittelst Typtologie den Gedanken Johny% Ausdruck verliehen
: „Rette meine Tochter, denn sie ist im Begriffe
wahnsinnig zu werden, — gib ihr eine Suggestion!" Nachdem
der Ingenieur erwidert hatte, dass er (,,/öäh") selbst
am geeignetsten hierzu sein würde, erschien bei vollem Lichte
ein alter hagerer Mann mit langem Barte, welcher, ohne
zu sprechen, die Hand zuerst auf seinen, dann auf Eusapia!*
Kopf legte, die er in tiefer Erschöpfung zurückliess. Hierauf
erwachte Eusapia und dachte nicht weiter an den gehabten
Verdruss. —
Auch inbezug auf die Lotterie, wofür die Neapolitaner
so grosses und für sie unheilvolles Interesse bekunden, erhielt
sie niemals zuverlässige Vorhersagungen, bezw. Ahn-
*) S. F. Graus [Ingenieur in Neapel, Gönner der Eusapia, nicht
Grauss oder Kraus!] in den „Annales des Sciences Psychiques", 1907
[„ Annais of Ps. Sc", 1907, p. 223; vergl „Psychische Stud.% 1907,
Juliheft, 8. 402: O. Ohlseti, Eusapia & „Kontrollgeist"]. — Red.
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