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Besch: Die spiritistischen Phänomene and Prof. W. Ostwald. 601
benen Stellen in eine der bekannten Energien zurücktransformieren
können. Dies gebt daraus hervor, dass die
Medien durch ihre Tätigkeit meist sehr erheblich erschöpft
werden, das heisst ihre Körperenergie verbrauchen. Auch
eine Transformation in psychische Energie scheint möglich
zu sein. Die mediumistische Energieform ist bezüglich
ihrer Fortpflanzungsgeschwindigkeit dem Licht vergleichbar
und scheint polare Beschaffenheit zu haben; denn es gibt
Personen, deren Wirkungen sich gegenseitig neutralisieren.
— In dieser Zusammenfassung wird man nichts finden, was
grundsätzlich den bekannten Naturgesetzen widerspräche.
Es liegt also die Möglichkeit einer Wissenschaft vor. Als
eine werdende muss sie noch bezeichnet werden, da es noch
nicht möglich ist, die Erscheinungen ganz willkürlich hervorzurufen
. Da «her anscheinend die mediumistischen
Eigenschaften durchaus nicht selten sind, sondern sich fast
bei jedem zweiten Menschen, wenn auch meist nur schwach,
vorzufinden scheinen, so erscheint in geeigneten Händen
eine geschwinde Entwicklung im wissenschaftlichsten Sinne
durchaus denkbar und wird vielleicht bälder eintreten, als
man glaubt." —
Diese Auslührungen Prof, Ostwald's sind für die spiritistische
Sache von ungeheurem Wert und können sich die
Verteidiger dieser Phänomene jederzeit auf die Aeusserun-
gen dieses durchaus auf der Höhe der modernen exakten
Naturwissenschaft stehenden Forschers berufen.
Es wird nun allerdings die materialistische Presse zunächst
noch die amnestischen Erklärungsversuche eifrig verteidigen
. Ob der Animismus oder der Spiritismus oder
beide Erklärungsversuche ihre Berechtigung haben, ist aber
eine Frage, die erst in zweiter Linie zu beantworten ist,
und zu deren endgültiger Beantwortung, wie es scheint,
vorerst doch noch viel zu disputieren, zu erforschen und zu
berichtigen sein wird.
Das Wichtigste ist vorläufig geschehen: die moderne
Wissenschaft und mit ihr die fortschrittliche Presse anerkennt
ohne weiteres die Tatsächlichkeit der „spiritistischen"
Phänomene. —
Prof. W. Osiwald beginnt seine Abhandlung mit dem
interessanten Satz: „Gegenüber der traditionellen Ansicht,
dass das Gebiet des Wissens von dem des Fühlens, dass
der „kalte" Verstand vom „warmen" Gemüt durch eine un-
übersteigbare Kluft getrennt sei, ringt sich gegenwärtig
eine andere Ansicht durch."
In der Tat, solange dieses natürliche Fühlen nicht in
Phantasterei ausartet, kann es dem Forscher als guter
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