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Kurze Notizen.
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ermuntern, wenn auch jeder Erklärungsversuch dabei vorerst
nur hypothetischen Wert beanspruchen könne. — Bei
dieser Stellungnahme namhafter Hochschulprofessoren ist
es um so unbegreiflicher und beklagenswerter, um nicht zu
sagen unverantwortlicher, dass überzeugte und sonst gründlich
orientierte Spiritisten, wie neulich wieder bei den
Materialisationssitzungen Millens im vergangenen Juni zu
Paris, es unter wenig stichhaltigen Ausreden bisher versäumten
oder vielmehr absichtlich verschmähten, erprobten
Experimentatoren auf mediumistischem Gebiet, wie Prof.
Charles Richet, die längst eifrig gesuchte Gelegenheit zu
exakter Prüfung der wunderbaren Phänomene mit den unwiderleglichen
Beweismitteln der modernen Naturwissenschaft
zu bieteu und damit entweder einer neu entdeckten
Wahrheit zum Triumph über alle böswilligen Angriffe von
Seiten oberflächlich gebildeter Ignoranten zu verhelfen oder
aber den — infolge der auch in unseren Augen sehr verdächtigen
Gelehrten scheu des Mediums — selbst von ehrlichen
Skeptikern trotz aller Vorsichtsmassregeln noch immer vermuteten
„amerikanischen Trick"*) endgültig zu entlarven.
Dr. Fr. Maier.
g) Zur Warnung vor scheinbar unerklärlichen
Taschenspielerkniffen bei mediumisti-
schen Experimenten können wohl die geradezu unbegreiflichen
Leistungen dienen, welche die Tagespresse gegenwärtig
von einem Artisten berichtet, der sich „Houdini
der Ausbrecherkönig" nennt und sich augenblicklich im
Zirkus Busch produziert. Dieser Tausendkünstler, der es
versteht, sich der Umarmung der kompliziertesten Fesseln
in geheimnisvoller Weise zu entziehen, hat sich am Freitag
, den 11. Sept., nachmittags in einer originellen Separatvorstellung
beim Berliner Publikum eingeführt. Die „Morgenpost
" beschreibt den Vorgang wie folgt: „Mr. Houdini entkleidet
sich bis auf die Haut und lässt sich von einem
Arzt untersuchen, ob er irgend ein Hilfsmittel bei sich verborgen
hat. Dann schlüpft er in ein vom Publikum revidiertes
Badekostüm und wird hierauf gefesselt, die Hände
auf dem Rücken, mit schweren eisernen Ketten. Unter Bewachung
zweier Herren aus dem Publikum wird er hierauf
in eine Droschke gebracht, die ihn nach der Friedrichs*
brücke fährt, von deren Geländer er, immer gefesselt, in
*) Vergl. die von unserem Mitarbeiter Georg Kaleia in Nr. 36
der „Zeitschrift für Spir/ veröffentlichten Preislisten dortiger
Engros - Geschäfte für täuschende Nachahmungen echter Materialisationsgebilde
; sowie Bd. II, Teil I der „Proceedings der amerikanischen
Gesellschaft für psychische Forschung*. — Red.
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