Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
35. Jahrgang.1908
Seite: 642
(PDF, 215 MB)
Bibliographische Information
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642 Psych. Studien. XXXV. Jahrg. 11. Heft. (November 1908.)

der Zirkus stellte seine Vorstellungen ein. Hamburg, mein
schönes Hamburg lag im Banne der entsetzlichsten Epidemie
; der Tod hielt seine Ernte, seine Sense klang unermüdlich
; Tag und Nacht rasselten die Wagen den Steindamm
hinunter mit totkranken Menschen besetzt in die
überfüllten Krankenhäuser. Gingst du gesund morgens
aus dem Hause, — konntest du wissen, ob du abends nicht
schon im Massengrab in Ohlsdorf lagst? Heiss brannte
die Sonne hernieder: — der Lysolgeruch verfolgte dich überall
, — selbst die Spatzen verschwanden vor ihm auf den
Strassen. Kein Ton der Freude — Trauer nur und Wehklagen
1 „Wissen Sie schon — unser Freund X ist auch
heute gestorben!44 „Mein Gott, gestern sah ich ihn ja
noch frisch und lebendig, — er wollte mich heute besuchen.

— Armer Freund, wer wird der Nächste sein?"

Ein Entrinnen gab es nicht, der selbst so gastfreie
Hamburger wurde nirgends aufgenommen. „Zurück nach
Hamburg,44 hiess es, „er ist schlimmer als ein Aussätziger,
als ein Pestbehafteter, — zurück nach dort und nicht hierher
, dass er uns nicht die Pest bringt!"

Trauer, Wehklagen, Verzweiflung überall. Die Cholera
!! —

Derselbe Freund, der mir die erste Nachricht von der
ausgebrochenen Epidemie gebracht, riet mir, doch einmal
gegen die drückende Langeweile den Roman von Eugene
Sue: „Der ewige Jude44 zu lesen. Was sollte man anderes
anfangen, als zu lesen, wenn man des Tages Arbeit hinter
sich hatte ? Also ich holte mir den Roman, er spielt in
Paris 1831, zur Zeit der Cholera.

In der Polargegend, wo der düstere blaugraue Himmel
schwach von einer Sonne ohne Wärme erleuchtet wird,
auf dem sibirischen Kap streckt ein auf den Knieen liegender
Mann mit einem Ausdruck massloser Verzweiflung die
Arme gegen Amerika aus. Auf dem amerikanischen Vorgebirge
erwidert eine Frau die verzweiflungsvolle Gebärde
des Mannes, indem sie gen Himmel zeigt. Einige Sekunden
lang zeichnen sich diese zwei grosse Figuren bleich und
dunstig im letzten Schimmer des Nordlichtes ab. Aber
als der Nebel sich nach und nach verdickte, verschwand
alles in der Finsternis.

Dort trafen sie sich: der ruhelose Ahasver, vom Gottessohn
verflucht, und die Judith. Beide müssen sie wandern

— wandern! Von Schnee und Eis starrenden Felsenhöhen
hinab in die Gelände; dem wütenden Orkan, der die Bäume
entwurzelt, die Eisberge erschüttert und mit des Donners
Krachen Masse gegen Masse stösst, bieten sie Trotz. Ruhe-


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