Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
35. Jahrgang.1908
Seite: 649
(PDF, 215 MB)
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Reinke: Der heutige Stand der Abstammungslehre. 649

Newtons und jenen grandiosen naturhistorischen Roman,
der in Laienkreisen „Darwinismus" genannt zu werden pflegt.
Wie mit einem Rausch hielt dieser die Köpfe umfangen,
bis nach und nach, erst schüchterner, dann immer vernehmlicher
die Präge laut ward, was daran Wahrheit und
was Dichtung, was von der Entstehung und Entwicklung
der Organismen erforschlich sei, und wo die Grenzen des
Unerforschlichen beginnen.

Heute sind wir durch Selbstbesinnung den Fragen der
Abstammungslehre gegenüber recht kritisch geworden. Wir
haben uns daran erinnert, dass die Naturwissenschaften
gross geworden sind durch Befolgung des Leitsatzes: Die
Erfahrung ist die alleinige Quelle unseres Wissens von der
Natur; die Sinne trügen selten, häufiger das Urteil. Die
Tatsachen der Erfahrung sollen dem Naturforscher in
erster Linie stehen, sofern der positive Wert in Betracht
kommt; erst weit dahinter rangieren die aus der Erfahrung
gezogenen Schlüsse, die bei ungezügeltem Walten der Phantasie
zu himmelanstürmenden Ideen emporlodern können.

Dass solche allgemeine Ideen auch für die Naturforschung
von Wert sind, soll keineswegs in Abrede gestellt
werden. Je allgemeiner, je mehr dem Boden strenger
Wissenschaftlichkeit entrückt derartige Ideen sind, umso-
mehr pflegen sie das Interesse der Laien weit, des grossen
Publikums zu erregen.

Die Abstammungslehre, bezw. der Abstammungsgedanke
steht da voran; er wird durch die Erdgeschichte,
die Paläontologie und die vergleichende Morphologie der
Organismen so nahe gelegt, dass ich selbst ihn für ein
Axiom, d. h. eine unerlässliche Forderung des wissenschaftlichen
Zeitbewusstseins, erklärt habe. Will man das Wort
Axiom hier nicht zulassen, dann kann allerdings nur von
einer Hypothese die Rede sein.

Heinrich von Sybel hat ausgesprochen: „Alle geschichtliche
Ueberlieferung besteht aus einer unabsehbaren Mischung
von Wahrheit und Dichtung.44 Wenn solches Urteil
am grünen Holz der Menschheitsgeschichte zu Recht besteht
und dort offenbar bis in die neueste Zeit hinein seine
Anwendung findet, was soll man da vom dürren Holz der
Erdgeschichte sagen, deren Hieroglyphen, die versteinerten
Reste von Tieren und Pflanzen, nur den prähistorischen
Funden in Hünengräbern verglichen werden können, die
sie an Vollzähligkeit nicht von ferne erreichen. Jede
deszendenztheoretische Spekulation ist daher Dichtung, die
natürlich, wie jede Dichtung, einen Wahrheitskern um-
schliessen kann und umschliessen soll. Aber die in den


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