Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
35. Jahrgang.1908
Seite: 655
(PDF, 215 MB)
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Keinke: Der heutige Stand der Abstammungslehre. 655

Je wichtiger eine Sache, um so vorsichtiger sollten wir in
ihrer Beurteilung sein, um so weniger unsere Schlüsse von
Wünschen und Leidenschaften beeinflussen lassen. Wenn
man gewisse fossile Knochen, die auf Java gefunden
wurden, und von denen nicht einmal bewiesen werden
kann, dass sie einem und demselben Organismus angehören
, die aber mutmasslich von Affen herstammen, für
die gesuchte Mittelform zwischen Affe und Mensch erklärte,
so vergass man dabei Lord Bacon's goldene Regel, dass
man in der Erforschung der Natur der Phantasie nicht
Flügel ansetzen, sondern Bleigewichte anhängen solle. Je
bedeutsamer eine Frage ist, desto kritischer sollte man sie
behandeln, nicht umgekehrt! Dem kritischen Naturforscher
beweisen jene Knochenbruchstücke nicht das Geringste für
die Abstammung des Menschen vom Affen.

Die Naturwissenschaft vermag nur die Möglichkeit
einzuräumen, dass der erste Mensch aus einem Säugetier
entstanden ist, sowie auf Indizien der vergleichenden Anatomie
hin die mehr oder weniger grosse Wahrscheinlichkeit
solchen Ursprungs zu erörtern» Rücksichten auf kirchliche
Lehren dürfen hierbei so wenig in Betracht kommen, wie
sie für Copernicus in Betracht kamen, dessen Sonnensystem
nicht nur von der katholischen Kirche seiner Zeit, sondern
auch von Melanchthon abgelehnt wurde. Sollte sich der
tierische Ursprung des Menschen beweisen lassen, so würde
eine solche Tatsache von den Kirchen so gut ertragen
werden müssen, wie das Copernicanische System von ihnen
ertragen wurde. Freilich würde das kein geringerer Sprung
sein, als wenn auf dem Zweige einer Pappel eine Rose erblühte
; mir wenigstens gelten die geistigen Verschiedenheiten
zwischen dem Menschen und den klügsten Säugetieren
immer noch viel mehr als die bestehenden körperlichen
Aehnlichkeiten. Wie das Tatsachenmaterial heute
liegt, steht der Hypothese Darwin'$ noch immer die Hypothese
Goethe** vollwichtig gegenüber. Der Altmeister der
vergleichenden Anatomie und Entdecker des Zwischenkiefers
sagte am 7. Oktober 1828 dem Botaniker v. Martins:
„Ich behaupte, dass die Natur sich immer reichlich verschwenderisch
erweise, und dass es weit mehr in ihrem
Sinne sei, anzunehmen, sie habe statt eines einzigen armseligen
Paares die Menschen gleich zu Dutzenden, ja zu
Hunderten hervorgehen lassen. Als nämlich die Erde bis
zu einem gewissen Punkt der Reife gediehen war, die
Wasser sich verlaufen hatten und das Trockene genugsam
grünte, trat die Epoche der Menschwerdung ein, und es
entstanden die Menschen durch die Allmacht Gottes über-

Psychische Studien. November 1908. 43


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