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Literaturbericht. 683
spricht der Verfasser seine Anschauung über die Identität des Ichs
mit folgenden Worten aus: „Maine de Biron unterschied im Menschen
drei Leben — wir sagen: drei Seelen —, das tierische Leben,
welches den Empfindungen vorsteht, das menschliche Leben, intellektuell
und durchaus willensbewusst, und das Leben der Liebe
oder der Moral, welches sich mit dem göttlichen Leben — wir
würden sagen mit dem universellen Leben —- zu vereinigen strebt.
So ist die edelste und höchste Idee, welche ein individuelles Wesen
fassen kann, die Verzichtieistung auf seine Individualität, die Hin-
abe, die Aufopferung seines Seins für das allgemeine Beste, für
ie Interessen der gesamten Welt. Diese Auffassung sichert Euthanasie
(eine ruhige und fröhliche Todesstunde). Anaximander sah
den Glauben an eine persönliche Fortdauer der Seele nach dem
Tode als eine Anmassung an. Wären solche Ideen weiter verbreitet,
so würde dies günstig auf das soziale Leben einwirken, da sie von
grösserem Erfolge begleitet sein würden, als die übermässige Kultur
der Persönlichkeit. Die Individualität hat, wie alle Dinge, einen Anfang
, eine Entwiekelung und ein Ende. Sich für unsterblich zu
halten, ist die bizarrste und sinnloseste aller Illusionen u. s. f.* —
Auch im Anhang behandelt der Verfasser noch eine Beihe interessanter
Gegenstände: die Telepathie, die Liebe, den Unsterblichkeitsgedanken
, den scheinbaren Gegensatz von Gut und Böse, sowie
die soziale Frage. Wir. können das Werk auch solchen Lesern,
welche vielleicht mit den darin entwickelten Anschauungen nicht
durchgängig einverstanden sind, nur empfehlen, da alle Ausführungen
in der massvollsten, nüchternsten und — ich möchte sagen —
bescheidensten Weise gemacht sind Lernen lässt sich daraus sehr
viel. Eine CJebersetzung ins Deutsche wäre angebracht. —
Frendenberg-Dresden.
Robert Kraft, Die Augen der Sphinx. Erscheint in Heften
zu 20 Pf. im Verlag von //. G. Münekmeyer in Niedersedlitz.
Der unseren Lesern durch einen früneren Beitrag als Trance-
Schreiber wohl noch in bester Erinnerung befindliche, durch reiche
Phantasie, lebhafte Gestaltungskraft, echtes, ehrliches Empfinden
und derben Humor ausgezeichnete originelle Volksschriftsteller (im
besten Sinne des Wortes) schildert in den bis jetzt vorliegenden
vier Lieferungen seines neuesten Werkes in fesselnder, für den
psychologischen Forscher äusserst interessanter Weise sein ganz
eigenartiges Jugendleben, seine späteren Erlebnisse als Matrose und
speziell seine bedeutende Gabe automatischer Schrift, wie er seine
vielgelesenen Bomane, die roten Augen einer in Aegypten unter
eigentümlichen Umständen gefundenen kleinen Sphinx anstarrend,
im Zustand unwillkürlicher Autohypnose niederzuschreiben pflegt.
Fritz Freimar.
B. Zeitsckriftenübersicht.
Reformador. Rio de Janeiro. 26. Jahrg. Nr. 7—12. — Der Abgesandte
von Jesus. — Bescheidene Verteidigung. — Der Spiritismus als Quelle
der Geschichte (Schluss). — Das Evangelium der Zukunft (Erzählung,
mit Forts.). — Die grosse Aufgabe. — Der Spiritismus und die Kirche.
— Ansprache zu Ehren Allan Kardeös. — Hochmut und Bescheidenheit.
— Theosophie und Spiritismus (mit Forts.). — Rede (zur Verehrung Jesu).
— Die brasilianische spiritistische Vereinigung. — Prophetisches Vorgesicht
. — Manifestationen von Geistern (mit Forts.). — Der brasil. spir.
Kongress (Streitfragen und Aufruf). — Glaubensbekenntnis. — Eine Offenbarung
. — Direkte and übertragene Schrift. — Rufina Noeggeralh. —
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