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Peter: Neue Versuche über die „Phantome der Lebenden*. 689
auch Mme. Lambert unruhig und sehr nervös, Sie ist erstaunt
, neben meinem Schreibtisch, genau an dem Platze*
wo das Fauteuil steht, eine schwach leuchtende dunstige
Säule zu sehen, welche wie von einem leichten Winde bewegt
schwebt. Mme. Lambert hat noch niemals ein ähnliches
Phänomen beobachtet. Ich suche die Aufmerksamkeit
des Phantoms von dieser Vision abzulenken und bestehe
energisch darauf, dass es an den Tisch geht und dort
seine Gegenwart bekundet. Das Phantom der Mme. Lambert
kommt nun wieder an den Tisch, aber seiue Unruhe und
Zerstreutheit ist derartig, dass es dort nicht bleibt, im
Gegenteil, es flüchtet sich hinter seine Person, wie um sich
zu ver&tecken.
Um 9 Uhr 55 Minuten stürzt sich Mme. Lambert erschrocken
auf mich und ruft: „Es ist ja ein Phantom dort;
das Phantom eines Mannes." Ich suche sie zu beruhigen
und sage ihr, dass wir das Phantom erwartet haben; dass
sie es kennt und es von keiner schlechten Absicht geleitet
ist, so dass sie keine Furcht zu haben brauche. Ein wenig
beruhigt, willigt sie ein, das Phantom zu beobachten: „Es
sitzt ruhig in dem Fauteuil/ sagt sie; „es sieht uns an.a
Nach acht oder zehn Minuten, wie ich schätze, sagt sie:
„U, es erhebt sich, es geht, es kommt hierher." Zugleich
steht sie sehr nervös auf und sagt, dass sie heftig gegen
das Phantom hin gezogen werde. Um zu verhindern, dass sie
hingeht, bin ich genötigt, sie in meine Arme zu schliessen
und mich gegen sie zu stemmen; dabei gebe ich ihr die
strenge Weisung, hier zu bleiben. Nach einem Augenblick,
der mir sehr lange schien, sagte sie: „Das Phantom zieht
sich zurück.* Sie setzt sich und nach zwei bis drei Minuten
ruft sie mit einem tiefen Seufzen der Erleichterung: „Ach!
endlich geht es, es ist an der Türe, es blickt «uf uns . . .
es ist fort; wie bin ich froh!* Unterdessen konnte Leontine
von Mr. Dubois nur mit Mühe beruhigt werden; sie war
aufgeregt und zitterte, und Mr. Dubois, selbst etwas verwirrt
durch die Vorgänge, fragt sie immer wieder, was ihr denn
diesen unerklärlichen Schrecken einjage. Aber sie antwortete
nur: „Es ist ein Phantom, ich will es nicht sehen!•*
Ich beleuchte nun das Zimmer. Wir tun alles Mögliche
, um die Frauen zu beruhigen und es gelingt nur mit
Mühe. Dann löschen wir das Licht wieder aus und nach
einigen Minuten untersuche ich die Schirme. Derjenige,
welcher über dem Fauteuil angebracht war, in welchem das
Phantom sass, ist sehr stark erhellt; ich kann ihn wenigstens
auf einen Meter erkennen. Ich zeige ihn den Zeugen.
Der Schirm auf dem Kamin ist ebenfalls, wenn auch in ge-
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