http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1908/0704
Peter: Neue Versuche über die „Phantome der Lebenden". 691
wurden: haben sie einstimmig erklärt, am Anfang der
Sitzung ein Vorgefühl empfunden zu haben, dass sich etwas
Abnormes ereignen würde. Sie haben dann die Dunstsäule
während einer Zeit schweben sehen, deren Dauer weder
die eine, noch die andere schätzen konnte; hieraufhaben sie
beide von ihrem Platze aus plötzlich das Phantom erscheinen
sehen mit allen Nebenumständen, so, -als ob es
durch das Fenster ohne das geringste Hindernis gekommen
wäre.
Sie sahen das Phantom, vor dem Fauteuil stehend,
sahen es dort ruhig sitzen und uns anblicken; dann haben
sie beide gesehen, dass das Phantom in den Hintergrund
des Zimmers sich begibt und auf Mme. Lambert zugeht, dass
es aber zurückgehalten wird durch den Willen, der sich
ihm entgegenstellt. Es ging dann an Ldontine vorüber und
streifte ihr Kleid. Dieses Streifen machte auf diese einen
solchen Eindruck, dass sie sofort in Krämpfe fiel. Schliesslich
sahen beide in gleicher Weise, wie sich das Phantom
gegen die Türe zurückzog, uns nochmals anblickte und
hierauf plötzlich verschwand. Mme. Lambert, welche Mr.
Rousseau in einer Seance gesehen hatte, hat sein Phantom
genau wieder erkannt.
Was ist wohl jene schwebende Säule, welche der Erscheinung
des Phantoms vorangeht? In der Theorie der
Theosophen findet man nachstehende hypothetische Erklärung
, die ganz vernünftig ist: Ehe Mr. Rousseau sein
Phantom entsendet, hat er sicherlich ernstlich gedacht, sich
die Bedingungen einzuprägen, von welchen das Gelingen
des Experimentes abhing; jene Säule sind nun seine Gedanken
, die sich als Mentalkraft mit astraler Materie umkleidet
haben. Da diese Materie nicht dicht genug ist,
konnte sie noch nicht die Aehnlichkeit der Gestalt erreichen
und nahm nur eine grosse Form an. Im Momente
der Erscheinung hat sie sich verdichtet und zur Gestaltung
seines Phantoms beigetragen. —
Ein weiterer Punkt ist folgender: Da die beiden Versuchspersonen
doch oftmals ihr Phantom gesehen haben,
sollten sie gewöhnt sein, auch ein anderes Phantom ohne
Aufregung sehen zu können. Dabei ist zu bemerken, dass
Mme. Lambert immer in Schrecken versetzt wird, wenn sie,
spontan dedoubliert, ihr Phantom über ihrem physischen
Körper schweben sieht. Wenn dies auch bei Leontine nicht
im gleichen Grade der Fall ist, so fürchtet sie sich doch
jedesmal beim Anblick ihres Phantoms. Es ist also nicht
erstaunlich, dass die beiden, wenn sie schon bei ihrem eigenen
Phantom Furcht haben, sich entsetzen bei dem Anblick
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1908/0704