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712 Psych. Studien. XXXV. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1908.)
zeichnet, so ist damit ihr rein geistiges, gedankliches (imraa
terielles) Wesen bestimmt. Entelechie stellt also die zu
verkörpernde wie die verkörperte unmessbare Idee eines
Organismus m seinem ganzen Verlaut vom Keim bis zum
natürlichen Vergehen dar. Diese Idee ist im Keim oder
Organismen teil nur an den Ort, ihr Verlauf an Raum und
Zeit gebunden. Ihre Wiederholung durch Vererbung bedeutet
, dass sie sich als räumlich-zeitlicher Dauerzustand
darstellt, abhängig-unabhängig von ihrer Umwelt, der
sie sich anpassen muss, um wieder reproduktionsfähig
zu bleiben.
Die der Entelechie immanenten „präexistierenden Ver-
schiedenh^iten in unwahrnehmbarer Formu (^J>rieschX.M^
flqoj^nj^ptift^ ™rfrfrnden- und das muss nicht nur für^die
physische, sondern auch für die psychische Ausgestaltung
eines Lebewesens innerhalb seiner Art gelten. Die Entelechie
als Gedankenerzeugnis schafft sich die unmesRbare
Form nicht nur zur Bekleidung durch Stoffliches im Flusse
vom Werden zum Vergehen, sondern schafft auch die
Form, um Träger des Psychischen sein zu können. Entelechie
ist Urbild für die Gesamtheit von Form und Inhalt
eines Lebewesens. Wie die Form, so die Möglichkeit des
Geistigen sich zum Ausdruck bringen zu können. Ihre
Qualitäten sind abhängig voneinander.
Will man der Entelechie ihr rein geistiges Wesen zubilligen
, so liegt ein offener Dualismus vor, denn es wird
das unmessbare Geistige von den messbaren physiko-che-
mischen Agentien abgetrennt, und die Entelechie muss zu
einem nichtsvermögenden Gedankending herabsinken, und
das ist sie, für den, der sehen will, sicher nicht.
Materialismus sowie ein unvernünftiger Monismus, der
aus der Vielheit keine Einheit zu schaffen weiss, machen
es sich mit Lösung des Lebensproblems bequem. Nur ein
Monismus, der eine Zweieinigkeit, die keine Trennung
beider Reihen, des Unmessbaren und des Messbaren, kennt,
aber in jedem Geschehen beide nachzuweisen vermag, kann
den scheinbaren Dualismus in eine höhere Einheit überführen
. Die Entelechie, nach Form und Inhalt unmessbare
Idee eines Vorganges, muss sich daher an etwas
Messbareszu binden vermögen, denn nur durch ein solches
Medium vermag sie sich im Messbaren zu projizieren und
dann auf anderes Messbares zu wirken; nur durch ein
solches Medium vermag auch umgekehrt eine Wechselwirkung
zwischen Messbarem und Unmessbarem stattzufinden.
Materiell kann ein solches Medium nicht sein, also ist es
unter den Energien zu suchen. Crookes „psychische Kraft"
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