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94 Psychische Studien. XXXVI. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1909)
Pflicht, des Schöpfers Werke zu prüfen und daraus Schlüsse
zu ziehen über seine Absichten. Es ist unsere Aufgabe,
Tatsachen zu suchen und festzustellen und darauf weiter
zu bauen, statt in dem Sand des Vorurteils gewagte Theorien
zu errichten, welche die Wissenschaft in ihrem unaufhaltsamen
Vormarsch doch über den Haufen wirft, wie es
das System Gaiilei's mit der Theologie der römischen Inquisition
getan hat.
Isaak Taylor sagt bezüglich des Glaubens an eine gelegentliche
Kommunikation zwischen Lebenden und Toten,
daß „man denselben nicht summarisch vis Torheit der
Menge abtun soll." „Wenn wir*, fügt der Gelehrte hinzu
, T Dinge dieser Art betrachten, sollen wir keinen Augenblick
auf die häufigen abgeschmackten Fragen hören,
welche vorgebracht werden, um die Forschung als unnötig
zu bezeichnen, wie z. B.: Was ist denn Gutes herausgekommen
bei der Behauptung der übernatürlichen Begebenheiten
? oder: Ist es der göttlichen Weisheit würdig, sie zu
erlauben? u. s. f.
Vor allem muß die Frage lauten: Liegen für die Behauptungen
Zeugnisse vor, welche den Grundsätzen eines
Beweises entsprechen? In zweiter Linie ist es eine Frage der
Physiologie, aber keine Frage der Theologie oder der Moral.
Einige wenige Menschen sind gewöhnt im Schlafe zu wandeln
, und während sie in tiefem Schlummer bleiben, Handlungen
des gewöhnlichen Lebens mit Genauigkeit und
Sicherheit zu verrichten. Sie gehen hierauf in ihr Bett
zurück und, wenn sie aufwachen, sind sie sich dessen, was
sie getan haben, nicht bewußt. Nun bei Betrachtung solcher
außergewöhnlicher Tatsachen ist es unsere erste Aufgabe
, eine Anzahl von Beispielen zu erhalten, welche durch
das klare und unwiderlegliche Zeugnis intelligenter Menschen
gestützt sind. Sind wir im Besitz solcher -Fakta, dann
müssen wir suchen, sie so gut als möglich dem übrigen
Teil unserer Wissenschaft der menschlichen Natur anzupassen
. Werden wir hierbei einem erlauben, uns in die
Zügel zu fallen mit der Einwendung, daß sich bei der Nachforschung
solcher Beweise Uebertreibungen herausgestellt
haben, oder daß sie sich als unwahr ergeben haben, oder
mit der Bemerkung, daß dieses Schlafwandeln nicht möglich
ist, oder daß es nicht wahrscheinlich ist, daß der gütige
Wächter menschlicher Wohlfahrt solches erlaubt?"
Dale Owen geht noch weiter. Er hält es für falsch,
daß man wohl bezeugte Fälle von der Forschung ausschließt
, weil sie bei niederen und ungebildeten Leuten gefunden
worden sind. »Wir können/ sagt er, „von allen
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