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Weber-Bell: Skeptik und Pneumatologie. 235
die Sprache als die ewig sich wiederholende Arbeit des
Geistes ?
Meine Forschungen zwangen mich in einer Beziehung
von der materialistischen und biogenetischen, in einer andern
von der spiritualistischen und abiogenetischen Anschauung
auszugehen, wobei ich eine zufrieden stellende
Lösung für streng Gläubige und Ungläubige darin fand, daß
1. ein jenseits unserer Erkenntnis liegendes Wesen das
seelische Element beeinflußt, daß
2. dieses höhere Wesen oder irgend ein fremder Einfluß
mit unserer Willenssphäre verknüpft sein könnte, die
eine Autosuggestion herbeizuführen imstande ist, und daß
3. sich in beiden Fällen, eine auf das höchste gesteigerte
Geistestätigkeit chemische, magnetische und elektrische Einflüsse
geltend machen könnte, welche eine geradezu übernatürliche
Kraft auszulösen imstande sind, die sich in den
großartigsten Forschungserfolgen kund gibt. Man denke
dabei nur an die Klassiker der Periode des Wiederauflebens
der Naturforschung : Copernicus, Galilei, Kepler und Newton
? Ist nicht die größte aller physischen Entdeckungen
Newton's Gravitationsgesetz? Weist nicht gerade solche
Geistesarbeit auf die Existenz eines über der Naturerkennt-
nis stehenden Wesens hin, wenn auch die Kräfte als Ursache
sinnlich nicht wahrnehmbar sind?
Der Materialist verneint es, der Skeptiker hält die
Möglichkeit für anfechtbar. Ich selbst behauptete eine
Zwischenstellung. Trotzdem ich mich bemühte, dem Unsterblichkeitsgedanken
näher zu treten, stieß ich immer
wieder auf das mangelnde Beweismaterial und gab mich
immer wieder mit meinem Autosuggestionsprinzip zufrieden,
indem ich an der Möglichkeit des Vorhandenseins einer
vierten Eaumdimension zweifelte und damit auch an jeder
Geistertheorie.
Diese Hkeptik* suchte mein Mann mit seiner ruhigen,
geklärten Denkweise und seinem festen Glauben an die
Unsterblichkeit der Seele zu verdrängen. Meine Antwort
war immer dieselbe: ich glaube nur, was ich selber sehe;
es ist noch kein Toter aus dem Jenseits zurückgekommen.
Am 15. November 1907 starb derselbe nach 14tägigem
Krankenlager, nachdem er jahrelang sein qualvolles Leiden
(Arterienverkalkung) mit seltener Geduld ertragen hatte.
Als etwa eine halbe Stunde vor seinem Tode sich wieder
einer jener entsetzlichen Anfälle einstellte, lächelte er, als
ich ihm Mut und Trost einflößte und ihm versicherte, daß
der Anfall nach der Arznei wieder wie immer nachlassen
werde. Dieses Lächeln war aber so ganz anders wie sonst,
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