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258 Psychische Studien. XXXVI. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1909.)
Dichter die monoideisierende Gewalt der Rache anschaulich
machen wollte. Man wird sich dieser Ansicht umso-
weniger verschließen können, als in diesem Drama Hamlet's
Täter, der offenbar in dem Affekte der Rache gestorben
war, als ein vom Rachegedanken monoideisiertes Phantom
auftritt, wodurch sogar die über das Grab hinaus reichende
monoideisierende Macht der Rache, also der posthume
Monoideismus du PrePs eine passende Illustration erhält. —
Wie die Glaskugel von den aufschießenden Wasser-
htrahlen der Fontaine erfaßt, eniporgetragen und schwebend
erhalten wird, so sehen wir bei Hamlet der. Rachegedanken
von den eruptiven Gewalten des Gemütes ergriffen und in
den Vordergrund des Bewußtseins gehoben. Tn diesem
Falle, wie in allen, wo der monoideistische Zustand durch
einen Affekt hervorgerufen wird, beherrscht eine Vorstellung
vermöge ihrer eigenen Kraft das Bewußtsein, während
sie in den auf hypnotischem Wege erzeugten Monoideismen
infolge ihrer Konkurrenzlosigkeit (d. h. infolge der Abwesenheit
aller hemmenden Einflüsse) darinnen vorherrscht.
Die Vorstellung, welche den Inhalt eines Monoideismus
bildet, sei sie nun aus einem Affekt hervorgegangen
oder nicht, verliert auch nichts von ihrer Kraft, wenn sie
von einem Zustand in einen anderen hinübergenommen wird
(z. B. vom Wachzustand in den natürlichen oder magnetischen
Schlaf oder umgekehrt, oder auch vom Wachen oder
Schlafen in den mutmaßlichen jenseitigen Zustand); ja der
jeder Vorstellung eigene Realisierungstrieb wird, wenn sie
bei ihrem Übergang von dem übrigen Bewußtseinsinhalt
völlig isoliert wird, dadurch noch eine Steigerung erfahren.
I)em Monoideismus, der in mancherlei Arten und in
allen möglichen Stärkegraden vorkommt, begegnen wir bereits
im Anschauungsakte bei Fixierung eines Gegenstandes.
Wenn, während wir uns an dem Gesamtbilde einer schönen
Landschaft erfreuen, unsere Aufmerksamkeit von einem
einzelnen Objekte in ihr, z. B. von einer fernen Feuersbrunst
, derart in Anspruch genommen wird, daß unser Blick
allmählich von der Landschaft abgezogen und allein auf
jenen Gegenstand gelenkt wird, woran er schließlich fest
haften bleibt, so findet in unserem Bewußtsein ein Ubergang
vom Polyideismus zum Monoideismus statt, indem es,
statt eine Fülle von Eindrücken zu empfangen, von einer
einzelnen Empfindung vollständig und ausschließlich beherrscht
wird. In diesem Falle besteht der Monoideismus
im wesentlichen in einer Konzentration der Bewußtseinskräfte
auf eine einzelne, ihm durch den Gesichtssinn vermittelte
Empfindung,
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