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Peter: Die Phantome der Toten. 451
einige Löffel Zitronensaft zu geben, damit sie wieder
Appetit bekäme und ihr die Nahrung wieder bliebe.
Diese Vorschrift hatte einen vollen Erfolg; indeß es ging
doch mit meiner Frau immer schlechter. Ich ging zum
viertenmal zu Miss White und fragte „ Marie % wie lange
sie noch leiden müsse. Sie sagte, daß sie ea mir nicht
sagen könne, aber sie würde daran denken, mich zu benachrichtigen
. „WennÄ, sagte sie, „die Kranke das wieder
sagen wird, sie habe mich gesehen, dann sollst du sie
nicht mehr verlassen/ Einige Tage später ging ich gegen
3 oder 4 Uhr morgens, um die Krankenwärterin abzulösen
. Diese bemerkte: „ Mammie hat gerade ihre Schwester
Marie wieder gesehen/ Nach einigen Augenblicken murmelte
meine Frau: „Ich gehe fort* und mit diesen letzten
Worten hauchte sie ihren letzten Seufzer aus. Gezeichnet:
E. Paige; Mary A. Paige, alias Mary Dockerty, (die
Krankenwärterin). *
E. Bozzano sagt zu diesem Fall folgendes: „Bezüglich
der zuerst erfolgten Doppelerscheinung könnte man vernünftigerweise
schließen, daß ihr mathematisch genaues
Eintreffen durch telepathische Impulsion hervorgerufen
worden sei, welche im Unterbewußtsein des Mediums oder
wohl des Gatten entstanden sei. Weniger leicht ist die
andere Erscheinung zu erklär^p, die dem Tode der Kranken
unmittelbar vorherging. Die Sache wäre nicht so schwierig,
wenn die Vision in Gegenwart des Gatten erzeugt worden
wäre; in diesem Falle könnte man rechtmäßig annehmen,
daß Mr. E. Paige, als er auf dem Antlitz der Kranken die
Zeichen des Todeskampfes bemerkte, an das Versprechen
Marien's gedacht hatte, und so der Kranken das korrespondierende
halluzinatorische Phänomen übertrug. (Nach meiner
Meinung auch schon eine außerordentlich gekünstelte Erklärung
! P.)
Allein der Vorgang* war nicht so. Es war die Kranken-
wärterin, welche dem Gatten die stattgehabte Erscheinung
mitteilte. Die oben gegebene Erklärung ist also hier nicht anwendbar
. Die telepathische Hypothese erscheint hier ungenügend
, wenn man nicht den Schlüssel zu diesem Mysterium
in der Möglichkeit suchen will, daß es telepathische Kom-
munikationsphänomene zwischen Unterbewußtsein und Unterbewußtsein
gibt, d. h. außerhalb jeder Teilnahme des bezüglichen
normalen Bewußtseins.
Diese Hypothese empfiehlt sich nicht durch Einfachheit
und wird einen unparteischen Forscher nicht leicht überzeugen
. Es ist klar, daß man mit derartig verwickelten
Theorien, die mehr geistreich als ernsthaft sind, die Grenze
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