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Kurze Notizen
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Wandlung vollzieht, oder ob auch diesmal wieder die aufgefundenen
Spuren von Kupfer aus minimalen Verunreinigungen
des Materials stammen. Daß sich in dem rein
dargestellten Golde nachweisbare Spuren von Kupfer befinden
sollten, ist kaum denkbar. Cobb setzt seine Versuche
weiter fort. Sofern die Elektronentheorie, aus der
sich der stufenförmige Abbau der Elemente erklären läßt,
richtig ist, wäre es sehr wohl möglich, daß die außerordentlich
starken elektrischen Kräfte, die heute zur Verfügung
stehen, das Mittel an die Hand geben könnten, die Verwandlung
, wenn auch in kleinem Maßstabe, wirklich durchzuführen
. Allerdings wird es durch diesen kleinen Maßstab
erschwert, zu entscheiden, ob es sich um Verunreinigungen
handelt oder nicht. (Aus der „Münchener Zeitung"
Nr. 140 vom 10. Juni er.)
c) Vererbung der Handschrift. In der „Revue"
veröffentlicht Dr. L. Gaze eine interessante Studie über
neue Forschungen eines berühmten englischen Graphologen
G. (C?) AinsworthMitchell, die den Beweis liefern sollen,
daß auf die Handschrift jedes Menschen „atavistische Einflüsse
" wirken. Man weiß, daß die Graphologie festgestellt
hat, daß zwischen dem Gehirn, wo jeder Gedanke ausgearbeitet
wild, und der Hand, die den fertigen Gedanken
niederschreibt, direkte Beziehungen bestehen. Bin et und
andere haben bewiesen, d#ß das Autograph als ein Spiegelbild
des Charakters betrachtet werden kann. Mitchell hat
diese Theorie weiter ausgebildet und ist zu dem Schluß
gelangt, daß man in jeder Handschrift ein Verwandtschaftszeichen
, einen Familienreflex erkennen kann, und daß die
Hand sozusagen nach den Gesetzen der Vererbung schreibt.
Wenn man die Handschriften mehrerer Generationen einer
Familie vergleicht, konstatiert man eine unbestreitbare
Ähnlichkeit zwischen den Schreibbewegungen der Hand,
der Größe der Buchstaben, der Anordnung der auf- und
absteigenden Linien, den Schriftzügen, den abgerundeten
oder eckigen Verbindungen zwischen den Worten und den
Buchstaben usw. Diese Anologien bilden eine wahre Übertragung
der Individualität der Vorfahren auf die Nachkommen
. Nach Mitchell handelt es sich hierbei um eine
Art „atavistischer Suggestion*. Daß die Handschrift von
Vater auf Sohn, von Mutter auf Tochter übertragen wird,
ließe sich noch begreifen; wie anders aber, als durch eine
Art „erblicher Suggestion*, will man es erklären, daß in
ein und derselben Familie, welche graphische Dokumente
aus mehreren Jahrhunderten besitzt, diese Handschriftenanalogie
sieh mehr oder minder bei allen Mitgliedern kon-
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