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Kaindl : Der Äther, das Medium des subliminalen Selbstes. 529
Schreiber gestorben sei. Sie berichtete mir hierauf über
unser verwandtschaftliches Verhältnis und schilderte meine
Verwandte als eine Dame von hoher geistiger Begabung,
künstlerischer Veranlagung, dann daß sie Schriftstellerin
war etc., welche Angaben sämtlich auf Wahrheit beruhten
. *)
So weit nun lassen sich die Phänomene durch mentale
Telepathie vollkommen erklären. Alle diese Kenntnisse,
welche sich auf mein vergangenes Leben bezogen, die Charakterisierung
meiner Freunde und Verwandten, welche die
Briefe, die sie befühlte, geschrieben hatten, und der Person,
die während meiner Kindheit gestorben war und eine hervorragende
Geistesbildung besaß, waren Tatsachen, die in
meinem Gehirne aufgespeichert lagen, und es wurde von
der Seherin bloß erfordert, imstande zu sein, sich damit in
seelischen Kapport zu setzen, um alle diese Auskünfte geben
zu können. Tatsächlich schien mir, so weit ich es beurteilen
kann, das bloße Befühlen der Briefe keine notwendige
Bedingung für das Phänomen zu sein. Sicherlich
würden ihr die Briefe, wenn sie dieselben gelesen hätte,
zu den Kenntnissen, welche sie von den Schreibern und
deren Umgebung etc. besaß, kaum verholten haben.
Ihre supernormalen Fähigkeiten waren jedoch hiermit
noch nicht erschöpft; sie gingen so weit, daß sie sogar zukünftige
Ereignisse voraussagen konnte. Diese betrafen
persönliche und Familienangelegenheiten und fanden ihre
Verwirklichung größtenteils in einer Weise, die genau ihrer
Vorhersage entsprach, obgleich diese viele Jahre zuvor erfolgt
war und sie damals außer aller meiner Vermutung
*) In Bezue: auf die hier besprochene supernormale Fähigkeit,
die unter dem Namen Psychometrie bekannt ist, äußert sich Ernesto
Bozzano im Septemberheft der Annalen von 1906 (S. 147/9 in
der engl. Ausgabe) wie folgt: „Wenn solche Fälle wirklich vorkommen
, so bleibt uns nichts übrig, als anzunehmen, daß unbelebte
Materie tatsächlich die Eigenschaft besitzt, die psychischen Schwingungen
oder vitalen Emanationen, wie sie von lebenden Organismen
abgegeben werden, zu empfangen und in einem potentiellen Zustande
zu behalten, gerade wie die Substanz des Gehirns die Eigenschaft
hat, Gedankenwellen in sich aufzunehmen und in einem
latenten Zustai d zu bewahren, und daß demzufolge der unterbewußte
Teil der Psyche vermöge der fernfühlenden Fähigkeit, womit
er ausgestattet ist, die Kraft besitzt, derartige Vibrationen (Schwingungen
) oder Emanationen (Ausströmungen), vermutlich nacn einem
Gesetz der Eeversibilität oder Rück Verwandlung, wie es beim
Phonographen bezüglich der Schallwellen der Fall ist, sowohl
zurück zu verfolgen, als auch zu interpretieren, gerade wie den
bewußten Fähigkeiten der Seele die Kraft eigen ist, die latenten
Gedankenwellen des Gehirns gelegentlich wieder aufzuspüren und
zu erwecken/ D. Ü.
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