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556 Psycb. Studien. XXXVI Jahrg. 9. fieft. (September 1909.)
Jetzt möge es auch auf intellektuellem und moralischem
Gebiet vermöge einer hochherzigen Initiative den Weg zu
einer neuen, durch die Wissenschaft ermöglichten Vereinigung
aller Höherstrebenden zeigen, und jedes einzelne
Volk möge seine Bausteine zu diesem Tempel der Humanität
beitragen. Eine richtig verstandene Wissenschaft wird
den Bestrebungen des höchstgebildeten, wie des bescheidensten
Geistes genügen und sämtlichen Einzel Wissenschaften
eine gemeinsame solide Grundlage schaffen. Alle leeren
Äußerlichkeiten (wie Ehrenvorsitz, Geldbeiträge usw.) mögen
dabei aus dem Spiel bleiben; lediglich auf dem Wege des
Ideenaustausches und des geistigen Zusammenwirkens soll
das erhabene Ziel erreicht werden. Schon haben, außer
mehr als 60 französischen Gesellschaften humanitärer
Eichtung, delegierte Vertreter fortschrittlicher Gesinnung
aus Italien, Spanien, Deutschland, Brasilien, Argentinien,
Ägypten, China, Japan usw. ihre Zustimmung zur Errichtung
eines Zentralkomites in Paris gegeben. Beitrittserklärungen
, die keinerlei weitere Verpflichtung auferlegen,
sind zu richten an die Adresse von P.-E. Heidet de Heideck
(= Paul Nord;, Avocat a la Cour d'Appel, 86 Boul. de
Port-Royal, Paris.
b) Die „Gesellschaft für wissenschaftliche
„Psychologie" in München ließ durch ihren derzeitigen
ersten Vorstand, Oberst a. D. Josef Peter, am
5. August er., zur Feier der zehnten Wiederkehr des Todestages
ihres Gründers, Freiherrn Dr. Carl du Prel, an dessen
Grab im südlichen Friedhof (München) einen Lorbeerkranz
niederlegen.
c) DerVI. internationale Psychologen-Kongreß
, der vom 3. bis 7. Aug. a. c. unter dem Vorsitz von
Prof. Dr. Theodor Flournoy in Genf tagte, brachte insofern
eine glückliche Neuerung, als die Teilnehmer nicht, wie
sonstgbei solchen Gelegenheiten üblich, mit einem w'ahren
Platzregen von Vorträgen überschüttet wurden, sondern
Zeit hatten, sich zu den Themen in einer der vier Kongreß-
Sprachen zu äußern. Von deutscher Seite beteiligte sich
namentlich Prof. Dr. Max Dessoir (Berlin) durch einen
kurzen Vortrag über „Das Unterbewußtsein" und Prof. Dr.
Oswald Külpe (Würzburg) durch Beantwortung von Fragen
über seine dem Kongreß überreichte Arbeit: „Zur Psychologie
der Gefühle." Besonders interessant war der Vortrag
des Prof. Dr. Morton Prince (Boston), der über „Das
Unterbewußte* handelte. Es ist dies der Verfasser des
sehr geschätzten Werkes: „The dissociation of a persona-
lity", in dem der berühmte Fall Miss Beauchamp (Spaltung
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