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558 Psych. Studien. XXXVI. Jahrg. 9. Heft. (September 1909.)
und gewissermaßen als „Hausgeist" funktionierend, materialisiert
sieh bei derselben ein Phantom, welches sich Miquel
Ruiz (also Michael) nennt und aus Andalusien stammen
will. Dieser Michael scheint ein sehr lustiger Patron zu
sein, indem er beständig vor den Anwesenden zu tanzen
und zu singen pflegt, wobei er häufig seinen Leibspruch
wiederholt: „Immer lustig, von der Wiege bis zur
Bahre und darüber hinaus!" Daß er sich durch dieses
heitere Wesen bei der Umgebung des Mediums keiner geringen
Beliebtheit erfreut, versteht sich darum leicht. Nun
heißt es im Text auf S. 160: „Am Tage des heiligen Michael
(NB. in rein katholischen Ländern werden die Namenstage
und nicht die Geburtstage gefeiert) veranstaltete man «in
kleines Fest, um ihm (d. h. dem Phantom) unsere Erkenntlichkeit
zu bezeugen. Im Augenblick der Trinksprüche
leerte er auf unsere Einladung hin ein Glas Wein,
was wir alle, die wir ihn vollständig umringten, konstatieit
haben." Hinzufügen will ich noch, daß bei dem obigen
Medium gleichzeitig bis zu fünf materialisierte Gestalten
beobachtet worden sind, und daß dasselbe, während es von
den Phantomen umgeben ist, sich im normalen Zustande
befindet. Der obige Bericht ist dem „Siglo Espirita"
(20. Marz 1908) entnommen und von Don EL F. Güell,
spanischem Konsul in Baltimore, verfaßt. Auch andere
Blätter, wie die „Revue du Spiritisme", haben bereits über
die geradezu unerhörten Leistungen dieses sich „Ophelia"
nennenden Mediums berichtet. Die „Annales" wollen aber
nur als Referenten und einstweilen noch nicht als verantwortlich
für die Authentizität der Phänomene angesehen
werden. Freudenberg - Brüssel.
e) Wortblindheit. Der sogenannten „Wortblindheit
* widmen neuerdings auch die Augenärzte ihre Aufmerksamkeit
. Der Zustand ist immerhin nicht so seilen,
wie man früher geglaubt hat," denn nach einer Untersuchung
, die in den Londoner Elementarschulen vorgenommen
worden ist, kommt unter den siebenjährigen
Kindern auf je 2000 eines, das in erheblichem Grade mit
Wortblindheit behaftet ist. Das Leiden kommt meist in
den unteren Volksschichten vor, und zwar viel häufiger
bei Knaben, als bei Mädchen. Dr. Thomas hat in der
Fachzeitschrift „ Ophthalmoskoptt seine Erfahrungen in den
Untersuchungen solcher Kinder geschildert. Ein von ihm
berichteter Fall wird als Beispiel genügen. Ein siebenjähriger
Knabe wurde zur Schule gebracht und erwies sich
für allerhand Arbeit als sehr geschickt, hatte auch gute
Anlagen für Beobachtung und Nachdenken, konnte aber
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