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Dobberkau-Widar: Vom unbewußten „Betrug" der Medien. 579
Herzen, daß ich wunderschön gesprochen hätte, und meine
Mutter versicherte mir mit Tränen in den Augen, ich
hätte ihr Beweise gebracht, daß mein lieber Vater und
mein armer Bruder anwesend waren.
Wäre ich weniger willensstark gewesen, so wäre ich
ohne inneren Kampf ein Spielball der Gedanken der
Zirkelteilnehmer geworden und ein kritischer Beobachter
hätte über mich mit Recht .sagen können, daß ich kein
Medium, sondern ein — allerdings willensgelähmter —
Betrüger sei, weil ich mich jenen Einflüssen hingab, die
auf mich einstürmten und mich zum Sprechen zwingen
wollten.
Und ich kann auch aus meinen langjährigen Erfahrungen
als Medium bestätigen, daß man leider nicht
immer sich jenen Suggestions-Einflüssen entziehen kann.
Ob man will oder nicht, man wird durch die bestimmten
Erwartungen der Zirkelteilnehmer; man werde als Medium
sprechen, derartig suggeriert, daß man in jenen völlig
willensgelähmten Zuständen des Trance und Halbtrance
nur zu leicht zum Sprachrohr der Gedanken der Zirkelteilnehmer
wird. Sogar auf die Angabe von Namen der
„Geister", die angeblich da^ Medium inspirieren, erstreckt
sich jene Suggestion der Zirkelteilnehmer, was man besonders
dann mit moralisch geradezu vernichtender Deutlichkeit
merkt, wenn man nur in Halb-Trance, das heißt
noch so halbwegs bei Besinnung ist. Ich habe oft Namen
genannt, von denen angeblich die Mitteilungen ausgingen,
und war mir doch dessen bewußt, daß ich nur das Opfer
von Suggestionen war, die von meinen spiritistischen
Freunden ausgingen. Wer jenen Zustand in der Hypnose
aus eigner Erfahrung an Jch selbst kennt, wo mä wie
gelähmt den Suggestionen des Hypnotiseurs gehorchen
muß, der wird mich verstehen, wenn ich sage, jene Augenblicke
waren für mich solche von wahrhaft fürchterlicher
Seelenqual. Und ich habe bei meinen unendlich vielen
Experimenten mit Medien ähnliche Zustände bei jenen
oft beobachtet. Wenn ich ihnen dann später sagte, daß
sie uns täuschten, und zwar unter dem Zwange von Suggestionen
— wie oft, wie oft fand ich bei Medien die Bestätigung
meiner obigen Beobachtungen: sie waren auch
solche unglückseligen Opfer von Einflüssen, die sie nicht
niederzwingen konnten, so daß sie sich darum selbst wie Betrüger
vorkamen. —
Hat nun jemand das Recht hier von Betrug zu
sprechen, der garnicht weiß, was derartige inneren Kämpfe
für einen wahrheitsliebenden Menschen bedeuten? Der
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