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616 Psych. Studien. XXXVI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1909.)
ttedanken des Dr. Kotik und der anderen Aerzte vermochte
das Mädchen ebenfalls zu erraten, wenn auch nicht
so schnell und sicher, wie die des Vaters. Ja selbst Versuche
, Gedanken durch eine fest verschlossene Tür zu
übertragen, waren von Erfolg gekrönt. J)r. Kotik reichte
in dem einen Zimmer dem Vater auf Papierstückchen geschriebene
Wörter und wies Sophie an aus dem anderen
Zimmer zu antworten; dabei gab sie Wörter wie Noshik
(Taschenmesser), Athanasius, Tschemulpo usw. richtig wieder.
Auch gedachte Melodien begann das Mädchen alsbald
nachzusingen. — Im Hinblick auf diese Versuche spricht der
Aufsatz des genannten Blattes davon, daß sich zwingend
die Annahme einer strahlen den Energie als des
Wesens der Gedankenentstehung und -Uebertragung aufdränge
, eine These, die in neuerer Zeit vielfach erörtert
wird. (Nach der „Augsb. Abendztg." vom 11. VIII. er.; vgl.
Jan.-Heft er. S. 52 ff.) — Die von den bekannten Berliner
Autoritäten, San.-Rat Dr. Moll und besonders von Prof.
Dr. Dessoir, gegen das im Verlag von J. F. Bergmann
(Wiesbaden) erschienene, auch von einigen Fachmännern
begeistert aufgenommene Buch Kotik's: „Die Emanation
der psychophvsisehen Energie, eine experimentelle Untersuchung
über die unmittelbare Gedankenübertragung im
Zusammenhange mit der Frage über die Radioaktivität des
Gehirns" (VI. u. 130 S., M. 3.20) in der Berliner Lokalpresse ins
Feld geführten skeptischen Bedenken hat Prof. Xagel in
der „übers. Welt" (Aug.-Heff er., S. 300 ff.) mit Geschick
entkräftet. Es geht auch u. E. zu weit, durch Aufklärung
kleiner Mängel in den vorliegenden Berichten — Unge-
nauigkeiten oder Dunkelheiten in der Darstellung — die
Versicherung des Verfassers, bei seinen Versuchen mit
der erst 14jährigen Gedankenleserin, wie bei seinen Experimenten
mit Lydia, nach Kräften alle denkbaren Fehlerquellen
— speziell auch das von Lehmann und Hansen
entdeckte „unbewußte Flüstern* — ausgeschlossen zu haben,
a priori anzuzweifeln, ohne ihm dabei einen einzigen tatsächlichen
Irrtum nachweisen zu können, zumal es sich doch nur
um eine neue Bestätigung hundertfach beobachteter Vorgänge
handelt. Auch ist es vom okkultistischen Standpunkt aus
Unverstand, von vornherein Bedingungen zu stellen bei
einem Experiment, das doch erst zu deren Feststellung
führen kann und beitragen soll. Es wäre in der Tat zu
wünschen, daß an Stelle unfruchtbarer Zerpflückung glaubwürdiger
Berichte endlich einmal die ernstliche .Nachprüfung
der mitgeteilten Phänomene, womöglich an Ort und
Stelle, treten würde. Dann werden schließlich auch die vor-
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