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634 Psych. Studien, XXXVI. Jahrg. 11. Heft. (November 1909)
Phosphoreszieren des Meeres, wie man es zuweilen bei
Nacht in tropischen Gewässern beobachtet. Diese Licht-
erscheinung wird, wie ich vernehme, in der Phraseologie
der Spiritisten „Astrallicht* genannt und wird von ihnen,
wenn ich nicht irre, für den Lichtstoff gehalten, aus dem
sich die „Geister*formen bilden.
Wenn die Phantome erschienen, so wurden sie vermittels
der auf dem Tische befindlichen Papptafeln, welche
sich von selbst erhoben und auf ihre Gesichter ein unheimliches
bläuliches Licht warfen, sichtbar gemacht. Bloß das
Haupt und die Schultern erschienen auf der Tischmitte und
nahmen tatsächlich nur so viel Raum in Anspruch, als das
Licht der präparierten Pappen reichte. Wenn sie verschwanden
, so geschah dies allmählich und unter bläulichem
Funkensprühen durch die Mitte des Tisches hindurch. Die
Gesichter, welche ich beobachtete, waren vollkommen dent-
iich und von bestimmten Umrissen; sie unterschieden sich
In ihrem Aussehen nicl,t von den durch den gewöhnlichen
Gesichtssinn wahrgenommenen Gesichtern, außer daß das
Licht, in dem sie erschienen, ihnen ein bleiches, etwas
geisterhaftes Aussehen verlieh. —
Ich beabsichtige nicht, irgend eine Meinung darüber
abzugeben, ob dies wirklich die Gesichter von Geistern Abgeschiedener
waren, was sie zu sein behaupteten, bezw. ob
Geister überhaupt imstande sind, sich auf solche Weise
sichtbar zu machen und mit den Anwesenden in Verkehr
zu treten. Ich selbst bekam jedenfalls niemand von meinen
verstorbenen Anverwandten oder Freunden zu sehen und
drückte übrigens auch nicht den .Wunsch aus, daß jemand
von ihnen erscheine. Hingegen sah ich das Gesicht, den
Kopf und die Schultern von jemandem, der, wie ich belehrt
wurde, „John King" wrar,*) dessen Geisterphotographie,
wenn ich mich recht entsinne, im Yereiuslokal der Lon-
worin die Frau des Oberamtsgerichtsdieners Mayer unter anderem
folgendes bezeugt: „Die Helle entfernte sich von mir und
schwebte ganz sanft hin und her und ich erblickte über
der geschlossenen Türe des Gefängnisses eine Menge flimmernder
Sternchen, so schön, als ich noch nie etwas sah.
Ich betrachtete sie ganz genau, und es kam mir nicht anders vor,
als wenn man in einer kalten Winternacht an den Himmel blickt;
so war hier einGefunkel kleiner Sternchen" (S. 25). —
„Um 3 Uhr sah ich auf einmal an der geschlossenen Gefängnistüre
einen lichten mannshohen Schatten stehen, der von einer
Menge zwitschernder Sternchen, wie ich sie schon
einmal früher gesehen hatte, umgeben war" (S. 83). I). IT.
*) Diesen Geisternaraen übernimmt offenbar ein berühmtes
Medium vom anderen als „Kontrolle"; vergl. K. Not. h) im Maiheft
er., S. 322/3: „Spiritistische Mythologie/ - Ked.
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