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636 Psych. Studien. XXXVI. Jahrg. 11 Heft. (November 1909.)
ätherische Form, die eine Person oder einen Gegenstand
vorstellt, erzeugt und in den Kaum projiziert, sodaß sie von
den Mitsitzem als ein getreues Ebenbild des Gedachten
tatsächlich wahrgenommen werden kann.*) Ob die übrigen
*) Solche ätherische Darstellungen von lebenden Personen,
welches Phänomen Dr. Justinus Keiner „Figurierungen* nennt,
finden wir in dessen Buch „Eine Erscheinung aus dem Nachtgebiete
der Natur* (auf S. 45'47) folgendermaßen beschlieben: „Eine andere
durchaus vorbedeutende Erscheinung, die der Geist figurierte, war
wohl die: Herr Oberamtsrichter Heyd kam in mehreren Nächten
mit dem Geist, auch ganz, wie er leibte und lebte. Die Eßlinger*)
blickte ihn an, sah aber mic Erstaunen, wie er \om Fuße bis über
das Gesicht jedesmal wie in einem Nu durchaus schwarz wurde.
Die E. erzählte es mir (Dr. J. Kerner) jedesmal morgens, und weder
sie, noch ich wußten uns das Schwarz werden za deuten. Mehrere
Monate nachher wiederholte sich die gleiche Erscheinung, nur mit
dem Unterschiede, daß ich zugleich auch mit Herrn Heyd und dem
Geiste scheinbar vors Lager der Eßlinger trat. Herr Heyd gab mir
die Hand und im Nu wurde er wieder vom Fuße bis über das Gesicht
völlig schwarz. Nun gab ich der E. auf, die Erscheinung zu
fragen, was denn dieses Schwarzwerden des Herrn Heyd bedeute,
worauf sie die Antwort erhielt: Eine Trauer. Wirklich starb auch
nach einigen Tagen das kleinste Kind des Herrn Heyd (dessen
Arzt ich war) sehr unvermutet, und ich erinnerte mich nun, daß
bald nach dem früheren Auftreten und Schwarzwerden des Herrn
Heyd sein Vater starb, was also dieses Schwarzwerden des Herrn
Heyd auch damals voraussagte, ohne daß wir es da schon so
deuteten. Als später zur Beobachtung der E. mehrere in diesen
Aktenstücken angeführte Herren in das Gefängnis der E. kamen,
behauptete sie, dieselben schon früher durch solche ihr vom Geist
gemachte Figurierungen vorausgesehen zu haben, und verwunderte
sich, die gleichen Gestalten jetzt in Wirklichkeit zu sehen/ Und
auf S. 41 lesen wir über dieses Phänomen der „ Figurierung * noch
folgendes: „Merkwürdig war, daß der Mitgefangenen der E. (Föllin)
die Erscheinung einer solchen lebenden, in diesem Augenblick doch
ganz entfernt gewesenen Person zugleich mit dem Geiste sichtbar
wurde. Sie sah eine solche mit ihm zugleich ins Gefängnis treten
und sprach sie an, als wäre sie wirklich da, erhielt aber keine Antwort
.* — Welchen Umfang solche Gedankenprojektionen annehmen
können, zeigt uns nachfolgender, aus Daumer's „Geisterreich1 (I. B.,
S. 98/99) angeführter Fall, wobei man auf die Vermutung gebracht
wird, daß die individuelle Kraft, die solche Erinnerungsbilder, wie
sie im Unterbewußtsein getreu erhalten bleiben, äußerlich gestaltet,
sich nicht nur der eigenen Elektronen als Darstellungsmaterial bedient
, sondern auch Elektronen ihrer Umgebung hierzu benützt.
Der Fall lautet: „Es war im Jahre 1658 auf einem großen Wiesengrunde
in Upland, in der Nähe einer Kirche, wo eben gepredigt
wurde, als man bei hellem, lichtem Tage eine Geisterschlacht
erblickte, und zwar so deutlich, daß sie die meisten unter den
Wahrnehmenden für reine Wahrheit und Wirklichkeit hielten. Zuerst
fiel sie einem Soldaten, der etwas spät zur Kirche ging, m die
*) Die damals (1835; im oberamtsgeriehrlie' en Gefängnis in Weinsberg in Untersuchungshaft
befindliche 39 jährige Baucrmvit wo Elisabeth Eßlinger war dal»»i offenbar
das Medium. Vgl. David Jbriedrieh fetiauß, Charakteristiken und Kritiken (Leipzig, ().
Wigand, 1844), S. .$28 ff. - Ked.
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