Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
36. Jahrgang.1909
Seite: 682
(PDF, 214 MB)
Bibliographische Information
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682 Psych. Studien. XXXVI. Jahrg. 11 Heft (November 1909.)

stellte, aber er hat diesen von anderen schon früher angedeuteten
Gedanken in eine bestimmte Form gebracht
und darauf eine neue Lehre aufgebaut. Verbrecher sind
nach ihm Vertreter einer besonderen Spielart der betreffenden
Menschenrasse. Bestimmte Formen des Gesichts
, bestimmte Gestaltung der Ohren, Augen und Hände
sind ihm Anzeichen, daß es sich bei dem betreffenden
Individuum um eine Verbrechernafcur handle. Die Konsequenzen
dieser Lehre mußten sehr einschneidende und bedeutungsvolle
sein, wenn man bedenkt, daß mit der Annahme
eines angeborenen Verbrechertums das Maß der
Verantwortlichkeit und zugleich die Möglichkeit, in gerechter
Weise Rechenschaft zu fordern, abnimmt. In einer
nachfolgenden Publikation „Der geniale Mensch" hat dann
L., der sich später durch seine Beschäftigung mit Hypnose
und Spiritismus manchen Angriff zuzog, die Lehre einer
Wesensverwandtschaft des Genies und der durch Entartung
herbeigeführten Geistesstörung aufgestellt. Daß diese Anschauungen
einen tiefen Eindruck auf die wissenschaftliche
Welt hinterlassen haben, ist keinesfalls in Abrede zu stellen,
wie man sich auch zu seinen stets geistreichen Theorien
sonst stellen mag. Ein anmutendes Bild von dem Charakter
des nun heimgegangenen Forschers zeichnete vor
einigen Jahren Max Nordau mit den Worten: „Als Vorkämpfer
einer Wahrheit, stahlhart und von der Rücksichtslosigkeit
einer Naturkraft, ist er in allen Beziehungen zum
konkreten Menschen weich und feinfühlig wie ein zart besaitetes
Mädchen, selbstlos bis zur Aufopferung, ganz Mitleid
, ganz Brüderlichkeit, ganz Liebe. Er hat nie den Berufsneid
gekannt und nie Streberei begriffen. Er kann es
nicht fassen, daß man die Wissenschaft als melkende Kuh
behandelt oder an dem Tand gesellschaftlicher Auszeichnungen
Gefallen findet. Er ist Mitglied keiner einzigen
Akademie und hat oder trägt wenigstens keinen einzigen
Orden. Solcher Firlefanz liegt tief unterhalb seines Gesichtskreises
. In die ihm veranstaltete Apotheose hätte er
nie eingewilligt, wenn energische Bewunderer ihn dazu
nicht einfach genötigt hätten. Ohne es zu suchen, fast
ohne es zu merken, ist er einer der meistgenannten, ruhmreichsten
Männer der Zeit geworden, und ob auch die Verehrung
seiner Jünger ihm tausendfach und oft überaus eindringlich
entgegentrat, ist er doch so schlicht, so vertrauend,
so gut und so bescheiden geblieben, wie in den schweren
Tagen, wo er die Nacht durch übersetzte, um eine papierne
Lira zu verdienen.* Ehre dem Andenken dieses Bahnbrechers
freier, echter Wissenschaft!


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