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Buchberger-Kaindl: Der Spuk im Schloß Lermos. 699
der Gemahl der Dame von der Armee nach Hause, stellte
die Abreise ein und lachte nur zu der Darstellung des
Erlebten; es war seit seiner Ankunft im Schlosse alles
ruhig geworden. Der Schloßherr zeigte sich den Patres
Kapuzinern, die er öfter zum Speisen lud, gegenüber als
Atheist; er erkannte nur eine höhere Macht, die wir Gott
nennen wollen, alles andere leugnete er ab. Der Herr
verblieb bis 19. Juli im Schloß, da er nur einige Wochen
Urlaub hatte, und kehrte dann zur Armee zurück. Kaum
war er acht Tage fort, ging der Tumult im Schloß von
neuem an, und zwar noch ärger, so daß die Dame sich zu
ihrer Mutter nach Schloß Seefeld an der Iser begab. Sie
hatte aber auch dort keine Euhe vor dem Gespenst, wie
nachfolgend erzählt wird.
Die Dame hatte im Schloß ihrer Mutter eine große
Wohnung inne und ihr Diener hörte oft im Zimmer der
Dame ein Seufzen und Ächzen. Am 5. September wurde
das Getümmel größer; man hörte mit großen Schritten
umhergehen, die Bediensteten bekamen Schläge ins Angesicht
, ihre Hauben und Hüte wurden ihnen zur Erde
geworfen, man holte die Patres Kapuziner von Innsbruck,
das Gespenst zu beschwören, was sie auch taten, und es
wurde drei Tage nichts gehört. Darauf ging das Getöse
viel heftiger los als zuvor. Das Gespenst warf das Silbergeschirr
durch die Fenster. Man rief einen berühmten
Exorzisten aus Innsbruck, der auch seine Beschwörungen
durch acht Tage fortsetzte; in dieser Zeit aber versetzte
der Geist dem einen Sohne der Dame einen Streich ins
Gesicht, daß er lebenslang gezeichnet blieb, warf das
Silbergeschirr abermals durch die Fenster in den Hof und,
da der Exorzist nichts ausrichten konnte, kehrte er wieder
nach Hause zurück.
Der Geist führte indessen sein Spiel fort, schlug dem
einen ins Gesicht, andere bewarf er mit Sachen, die im
Zimmer lagen, und verübte andere Gewalttaten. Man berief
wieder andere Exorzisten, deren einer einen wahren
Kreuzpartikel auf den Tisch legte; das Gespenst ließ aber
nicht nach, die Leute zu belästigen, und schlug den Gespan
des Exorzisten, einen Augustinermönch, dergestalt,
daß beide ganz behend nach Salzburg heimreisten.
Es kamen nun andere von Innsbruck, weihten Wasser,
Sand und Asche und besprengten die Zimmer, wo sich das
Gespenst am meisten verspüren ließ, streuten Sand und
Asche auf den Zimmerboden. Die Anwesenden ergriffen
hierauf verschiedene Waffen und hieben damit nach allen
Seiten herum und wollten damit das Gespenst erreichen
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