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18 Psychische Studien. XXXVII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1910.)
Tränenströmen sich den Kleinen nicht aufs Neue entreißen
lassen. Es war das eine Szene voll dramatischen Lebens,
packend und erschütternd, die Herr Brenes mit wenigen
schlichten, aber glücklich gewählten Worten erzählt. Und
das hätte diese Jfamilie, diese Mutter angestellt, um sich
zu amüsieren ? Der Gedanke ist verrückt, ist unwahrscheinlicher
als alle diese unwahrscheinlichen mediumistisehen
Phänomene in jenem Hause!
In verschiedenen Sitzungen erschienen gleichzeitig vier
Phantome, Männer, Trauen und Kinder. Und die Familie
Corralfes hätte eine solche schreckliche Pantomime vor einem
der höchsten Staatsbeamten, dem Herrn Albert Brenes, dem
Kassationsrat, vor seinem Bruder, dem Herrn Robert Brenes,
dem Sekretär des öffentlichen Unterrichts, vor dem Ingenieur
Herrn Daniel Gonzales Viqüez, dem Gouverneur der
Provinz Limon, vor dem Notar J. Jim&iez Nunez aufführen
sollen ? Vor allen diesen hervorragenden Personen, die
zum Teil durch ihr Amt gebunden waren, ünverzüglich zu
strengen Richtern und Verfolgern zu werden, falls sie in
den Sitzungen irgend welchen Betrug gemerkt hätten, und
die — im Gegenteil die Wirklichkeit aller beobachteten
Vorkommnisse feierlichst bestätigen!
Träfe man noch in den Berichten über die besagten
Sitzungen eine Spur von mystischen Neigungen, von irregeleitetem
Enthusiasmus, so böte sich eine Art von
Erklärung. Aber wir finden nichts der Art. Herr Albert
Brenes, ein Hauptzeuge, dem man die obige Mitteilung verdankt
, urteilt nicht wie ein Exaltierter. Er gesteht, daß er
vor jenen Sitzungen ein überzeugter Vogtianer und Büch-
nerianer gewesen ist. Hat er mitdem seinen Charakter
geändert und aufgehört ein Freund der experimentellen
und positiven Methode zu sein? Man lese nur folgende
Stellen seines Rechenschaftsberichtes: „In den letzten
Monaten des Jahres 1907 begannen die Phänomene, welche
im Zirkel „Franklin" beobachtet wurden, sich abzuschwächen
und zwar mehr und mehr, bis sie schließlich ganz aufhörten,
ohne daß ein Grund dafür aufzufinden war. Entmutigung
bemächtigte sich der Glieder unserer Gruppe, was in Verbindung
mit der Störung, welche das Eindringen von
gewissen theosophischen Ideen in unseren Kreis verursachte,
zur Folge hatte, daß man von einer Fortsetzung unserer
Arbeiten vollständig Abstand nahm.
Auch widersetzte sich das junge Medium seinerseits
hartnäckig den Experimenten und verhehlte die Abneigung
nicht, welche ihr dieselben einflößten. Urplötzlich aber
vollzog sich in ihr eine gänzliche Wandlung. Sie sprach
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