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76 Psycb. Studien. XXXVII. Jahrgang 2. Heft. (Februar 1910.)
an, wobei ich jedoch eine Vermischung von einigen absichtlichen
Täuschungen mit echten Phänomenen keineswegs
ausschloß, bekam ich von auswärts, besonders von
England und Amerika her, eine Anzahl Pamphlete und
missionsmitglieder vor deren Generalversammlung zu London am
18. Juni v. J. hingewiesen. Die Ergebnisse dieser von der englischen
Kommission zu Neapel im 5. Stock eines Hotels abgehaltenen
elf Sitzungen bringen zwar nichts Neues über die Art der
— auch den Lesern der „Psych. Stud." zur Genüge — bekannten
Eusapianischen Phänomene, wohl aber eine einwandfreie Ehrenrettung
dieses vielgeprüften Mediums durch dieselbe gelehrte Gesellschaft,
welche es 14 Jabre vorher durch die „Entlarvung* in Cambridge
(1895) als Schwindlerin bloß gestellt hatte. Der Präsident, Sir
Oliver Lodge, der 1894 auf Einladung Eichet/s an vier Sitzungen
mit Eusapia, sowie auch an einigen in Cambridge teilgenommen
und dabei persönlich den Eindruck erhalten hatte, daß durch die
von dem Taschenspieler Maskelyne damals entdeckten Tricks keineswegs
alle früher beobachteten Erscheinungen erklärt werden können,
betonte in seiner Eröffnungsansprache, daß die „Society" in den
letzten Jahren ausschließlich die rein psychischen Phänomene —
automatische Schrift, Transreden etc. — studiert und dabei Aufschlüsse
gewonnen habe, die zu der Hoffnung berechtigen, allmählich
zu einem streng wissenschaftlichen Beweis für das Fortleben
der individuellen Seele zu gelangen, wofür die physikalischen Phänomene
belanglos seien, weil sie allem Anschein nach nur außergewöhnlichen
Fähigkeiten der Medien zuzuschreiben wären. Ende
1908 beauftragte jedoch der ßat der ySociety", bewogen durch die
immer zahlreicheren Zeugnisse namhafter Gelehrter zugunsten
Eusapia's, denselben Hereward Carrington, der sich jahrelang in der
Taschenspielerei geübt, im Auftrage der amerikanischen „Society P.
K* dortige physikalische Medien genau beobachtet und deren Betrügereien
in seinem (im vor. Heft, S. 23) erwähnten Buch aufgedeckt
hatte, sowie den bei verschiedenen Pseudomedien in die
Schule gegangenen Mr. Everard Feilding, die Fähigkeiten Eusapia's
von neuem und gründlicher selbst zu prüfen. Letzterer wies in
seinem Bericht zunächst auf die Gründe hin, weshalb die frühere
Präsidentin Mrs. Sidgwick von dem, wie es schien, aussichtslosen
weiteren Studium der physikalischen Phänomene abgeraten habe,
gab dann einen Überblick über alle seit 1894 mit Eusapia gemachten
Experimente und schilderte eingehend die nun unter den strengsten
Vorsichtsmaßregeln und meist guten Beleucbtungsverhältnissen
bei ihr, teils im Halbtrans, seltener im Tieftrans konstatierten Phänomene
: Bewegungen von Gegenständen in einem bestimmten Umkreis
, Tischerhebungen, Bewegungen der leichten, schwarzen Vorhänge
des Kabinetts hinter dem Medium, Berührungen durch ein
unsichtbares Etwas, speziell durch materialisierte Hände, Apporte,
Lichterscheinungen etc. Von der fünften Sitzung an war auch ein
weiteres Mitglied des Eates der S. P. E., Mr. Baggally, zugegen,
der infolge seiner mit Pseudomedien seit 30 Jahren gemachten Erfahrungen
die Möglichkeit echter physikalischer Manifestationen
vorher schlechtweg bestritteja hatte, während jetzt die Kommission
zu der unerschütterlichen Überzeugung gelangte, daß wenigstens
für einige und zwar wissenschaftlich hoch bedeutsame Phänomene
unanfechtbare Beweise vorliegen. Die geringsten Erfolge
wurden in den Sitzungen erzielt, zu welchen man einige Offen-
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