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Kornherr: Mediumschaft und Taschenspielerkunst. * 77
Werke über Betrügereien von Medien zugesendet. Yiel-
leicht sollten sie mich mahnen, auf meiner Hut zu sein
und nicht zu hastig zugunsten einer Kategorie von Tatsachen
, welche selbst im VaterJande des modernen Spiritismus
als zum größten Teil falsch betrachtet werden, eine
Meinung zu äußern.
Tatsächlich würden diese überzeugenden Schriften bei
dem Leser Argwohn erzeugt haben, selbst wenn er mit dem
charakteristischen guten Glauben der Spiritisten ausgerüstet
gewesen wäre. Es wird darin dargelegt und erklärt, daß
der weitaus größere Teil der spiritistischen Experimente
auf schamloser Charlatanerie beruhe. Das kann für Mr.
Abbott gelten, welcher ein eifriger Entdecker von Tricks
ist und selbst ein geschickter Amateur in der Taschenspielerkunst
, bezw. ein Illusionist zu sein scheint.*) Was sollen
wir aber von Psychikein wie Hodgson, Podmore, Hyslop,
Mrs. Sidgwick und Carrington sagen, welche den großen
Unterschied zwischen einer Privatsitzung mit Eusapia und
einer öffentlichen Schaustellung der amerikanischen Vam-
pyre nicht erkennen, die mit großer Schlauheit eine mediu-
mistische Krait simulieren, welche sie nicht besitzen, um
von arglosen Leuten Geld zu erlangen? — Ich gebe zu,
daß wir bei Professionsmedien sehr auf unserer Hut sein
müssen, da ihnen eine lange Praxis in der Hervorrufung
solcher Phänomene eine gewisse Geschicklichkeit bei den
betrügerischen Kunstgriffen verliehen hat; Eusapia's modus
operandi jedoch hat keine Ähnlichkeit mit jenen der amerikanischen
Schwindelmedien. Diese letzteren produzieren
sich zu Hause, in gemieteten Sälen, in Theatern oder in
Versammlungen unter freiem Himmel („revivals* und
barungsspiritisten — Freunde Eusapia's — zugelassen hatte. Was
die Natur der Phänomene betrifft, so entstammen sie entweder dem
Medium selbst oder ein*em direkt oder indirekt sich manifestierenden
„intelligenten Wesen"; so kindisch und alles ethischen, religiösen
und geistigen Wertes bar die Kundgebungen zunächst erscheinen
, muß ihre Erklärung doch „auch die Möglichkeit von Beziehungen
zwischen unserer Welt und jener von ihr getrennten
intelligenten Sphäre" ins Auge fassen Die nächsten Hefte der
^Proceedings* werden Näheres über alle Einzelheiten bringen, worauf
wir noch zurückzukommen gedenkeo. — Das verdienstvolle
Werk Morselli's „Psicologia e Spiritismo* hat übrigens schon unser
hochgeschätzter Herr Literaturberichterstatter, Geh. Hof rat Dr.
Wernekke, im Juliheft 1908 (S. 433/4) einer eingehenden kritischen
Beleuchtung unterzogen. [Vergl. auch dessen ausführlichen Bericht
über „Die Medien Piper und PaJadino* in Abt. II dieses Hefts.
— Eed.
*) Abbott, P. David, „Behind the Scenes with the Mediums/
Chicago: Open Court Publishing Co. London, Kegan Paul, 1907.
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