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92 Psych. Studien. XXXVII. Jahrgang. 2. Heft. (Februar 1910.)
Später entdeckte aber von Reichenbach, daß gewisse
Personen diese leuchtenden Erscheinungen sehen, auch
ohne sich im Tiefschlaf zu befinden. Er wies nach, daß
diese „ Sensitive n% wie er sie nannte, dieselben Ausströmungen
auch an Pflanzen • und Krystallen beobachten.
Viele Forscher haben sich mit Reiehenbach's Experimenten
beschäftigt, unter ihnen wohl am erfolgreichsten Albert
de ßoehas. Der Gelehrte weist in dem ersten Kapitel des
obengenannten Werkes nach, daß die in Frage stehenden
Phänomene tatsächlich stattfinden. Es entströmt dem
menschlichen Körper, speziell den Fingern ein leuchtendes
Fluid, das je nach der Körperseite verschieden gefärbt ist,
rechts blau, links rot. Im allgemeinen tritt die Fähigkeit,
dieses Fluid zu sehen, bei der Versuchsperson (Somnambule
) erst in einem späteren Stadium des magnetischen
Schlafes ein, das Eochas nach dem Muster der alten Mag-
netiseure mit dem .Namen „Rapport" bezeichnet. Wird
der Schlaf noch weiter vertieft, so verschwindet diese
Fähigkeit wieder.
Je nach der Person sind die Ausströmungen verschieden
an Länge, Intensität und Färbung, so zwar, daß die drei
letztgenannten Elemente eine Charakteristik jedes Individuums
geben. Merkwürdig ist, daß nicht alle Personen dieselben
Effluvien bei ein und demselben Objekte sehen. Oft
findet eine Umkehrung der Farben statt (Inversion) und
oftmals sind auch Verschiedenheiten in den einzelnen An-
gabei zu bemerken, ein Beweis, daß nicht alle dieselben
Strahlungen sehen, von welchen mehrere Systeme nebeneinander
bestehen können. Ein System ist eben für die
einen sichtbar, ein anderes System für andere Beobachter.
Selbstverständlich ist das Gebiet dieser Phänomene noch
nicht völlig durchforscht, ja es ist kaum betreten und
große Lücken bestehen noch für unsere Zweifel. Dies betont
Rochas ausdrücklich.
Das zweite Kapitel enthält die Ausführungen über die
Exteriorisation der Sensibilität.*) Die Existenz des
nervösen Fluids stellt sich in zwei Zuständen dar: als
leuchtender Flaum, der die Oberfläche der Haut bedeckt
und als Ausstrahlung durch die Sinnesorgane und die
Poren des menschlichen Körpers. In jenem Stadium des
*) Ich überlasse es dem geehrten Leser, sich für das Fremdwort
„ Exteriorisationtf Wortbildungen wie „Ausscheidung44, „ Herausstellung11
, „Austritt1*, „Veräu Bedienung „Verlegung* u. a. zu
wählen. [„Sensibilität* könnte wohl mit „Empfindungsvermögen44
wiedergegeben werden. — ße dJ Ich finde solche Verdeutschungen
nicht bezeichnend genug Peter.
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