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111 Psych. Studien. XXXVII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1910.)
Die Wünschelrute und die Wissenschaft.
Von Albert K niepf-Hamburg.
Zu dem im Dezember-Heft (8. 744 45 v. J.) der „Psych.
Stud.tt in der Anmerkung erwähnten Dresdener „ Wünschelruten
-Tag4* am 17.—19. Juni 1909, dem ich ebenfalls beiwohnte
, wäre noch manches zu bemerken. Die Sache wurde
zwar von den Gelehrten und technischen Hochschulprofessoren
in der Hauptsache anerkannt, aber das
Endergebnis von dieser Seite bestand nur in einem kleinen,
für die Zeitungen in der Schlußsitzung am 19. gemeinschaftlich
redigierten, sehr summarischen Referat, das am 25/26ten
Juni in den Dresdener Blättern erschien, aber von der
übrigen deutschen Presse kaum beachtet worden ist, vermutlich
weil es zu kurz und sehr allgemein gehalten war.
Schließlich kann man es den Herren kaum verdenken,
wenn sie in diesen Dingen noch vorsichtig sind, zumal alles
anscheinend Okkulte in akademischen Kreisen heute mit
vielen Vorurteilen zu kämpfen hat, auch in die anerkannten
zünftlerischen Fächer nicht hineingeht. Man glaubt immer,
daß die „wissenschaftliche4* Bestätigung solcher Erscheinungen
wer weiß welche Umwälzungen im gelehrten Betrieb
und in ideeller Hinsicht bewirken müßte, aber das ist offenbar
eine übertriebene Annahme. Die moderne Industrie-
teehiük muß auch die wissenschaftlichen Bemühungen auf
das Positivere und praktisch Zuverlässige konzentrieren, und
das ist nicht das Okkulte; ferner ist der heutige Hoch-
behulbetrieb in ganz derselben Richtung em Durchschnittsund
Massendrill und wreit weniger rein humanistisch und
philosophisch als ehedem, großenteils auch zur Ausbildung
von Beamten mit vorgeschriebenem praktischen Pensum
bestimmt.
Den Geologen aber geht auch das Wünschelrutenproblem
eigentlich nur ungefähr so viel oder so wenig an,
wie den Physiker und Elektrotechniker, der den Telegraphen
und das Telephon konstruiert, die Telepathie, die er sich
ebensowenig erklaren kann, wie der Geologe die Wünschelrute
. Manchmal scheint es freilich so, als ob die Physik
schon direkt mit den sensitiven Erscheinungen Fühlung
erhalten könne; aber man muß hier doch sehr vorsichtig
sein, und diese Dinge werden heute schwerlich schon bald
„hochschulfähigÄ. Man kann also die Reserve der Dresdener
Forscher verstehen. Bald macht dann auch wieder ein
Rutengänger Fiasko, und die hämischen Bemerkungen der
Gegner hört man nicht gern, wenn man in einer amtlichen
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