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126 Psych. Studien. XXXVII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1910.)
fach beunruhigten Lebens zu lösen. Hierbei verwertet er in geschickter
Weise all' das Tatsachenmaterial, das die Biologie und
Entwickelungsgeschichte der Menschen, Tiere und Pflanzen, die allgemeine
Naturlehre, die Astronomie und Kosmologie uns zur Verfügung
stellen. So gewinnt er die Grundanschauung, daß die
materielle Welt die noch fort und fort verrichtete schöpferische
Tätigkeit Gottes selbst ist Das ist der natürliche Theismus des
Verl., den er in Gegensatz zu dem supra-naturalistischen christlichkirchlichen
stellt — Ein reiches Material wird hier geboten. Vom
flüchtigen Durchlesen dieses Buches hat man keinen Gewinn. Es
will ernstlich geprüft und wiederholt gelesen sein. Wien hold.
Unsterblichkeit und Seelenwanderung. Ein Vereinigungspunkt morgenländischer
und abendländischer Weltansicht. Von Julius Bau-
mann, ordentlichem Professor der Philosophie an der Universität
Göttingen Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1909. 101 S. 8<>. Preis
geh. 1.50 M.
Organisches und Anorganisches wirken in mehrfacher Weise
bedingend mit zum Menschlichgeistigen. Der Menschengeist ist jedoch
nicht bloß verschieden von allem Körperlichen; er hat Momente
in sich, die über die bloße Wahrnehmung hinausgreifen, und
i;*t in jedem Menschen eine formale Einheit. Als eigentümliche
Wesenheit wird die Seele bei der Auflösung des Leibes bestehen
bleiben. Vernichtung gibt es in Gottes Welt nicht. Unsere Seele
wird unter Bedingungen wieder Bewußtsein gewinnen. Unsterblichkeit
kann nur als Wiederverleiblichung wissenschaftlich gefaßt
werden. Der Verf. begibt sich schließlich auch auf das pädagogische
Gebiet, empfiehlt als praktisches und theoretisches Ziel
moderne Technik und moderne Wissenschaft, mit der sich Gottes-
iehre und Moral, gesellschaftliche, politische und künstlerische
Unterweisung verbinden können, und verlangt neben der Erlernung
der Muttersprache nur noch die des Esperanto, in welches die
Hauptwerke der Weltliteratur und alle wissenschaftlichen Werke zu
übertragen wären. Wir verweisen noch auf das früher hier besprochene
Buch des Verf : „Stunden der Andacht und Erbauung
in realwissenschaftlicher Beligion." Wienhold.
Seelenprobleme. Ein Skizzenbuch von M. G. M a n d e 1 i k. Wien
und Leipzig, Wilhelm Braumüller, k. u. k. Univ.-Buchhändler, 1910.
215 S. Preis 3 M., geb. 4.20 M.
Der Verf . Dr. med. u. k. Bezirksarzt in Holicz (Ungarn), mit
dessen im gleichen Verlag erschienenem schönen Buch „ Erlebnisse
einer Seele" wir uns schon im Jan.-Heft 1908 (S. 60) eingehend befaßten
, erörtert in diesem neuen Werk seiner Mußestunden in
belletristischer oder besser: echt poetischer Form die tiefsten Probleme
des Seelenlebens. Er hätte diese Skizzen selbsterlebter, nicht
bloß mit dem scharfen Auge des Forschers betrachteter, vielmehr
mit dem warmen Herzen des edein Menschenfreundes empfundener
Ereignisse mit gutem Eecht „psychische Studien* betiteln können,
denn er ist offenbar nicht nur der körperliche Leiden heilende, sich
seinen Patienten opfernde Arzt, sondern auch der hellsehende
Dichter-Philosoph, ein wissender, alles verstehender, alles vergebender
, stets hilfreicher Edelmensch, einer der Wenigen, denen die
Fähigkeit verliehen ist, in dem Sinnlichen das Übersinnliche, in
dem Vergänglichen das Gleichnis des Ewigen zu schauen. Als
praktischer Kenner des Lebens und seiner Wirrsale führt uns Verf.
in diesem Panegyricus ärztlicher Kunst und Wissenschaft wahrhaft
ergreifende Gestalten goldener Treue, uneigennütziger Nächstenliebe,
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