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154 Psychische Studien. XXXVJI. Jahrg. 3. Heft. (März 1910.)
umherkrabbelndcn Geschöpfen zu studieren. Der Sonnenbewohner
läßt sich zur Erde nieder, gelangt da auf hohe
Berge und gewinnt ein schönes Land, hart am Meere gelegen
. Er wandert weiter und weiter und findet das Land
mit Kreaturen erfüllt, die mittels zweier Füße laufen und
mittels zweier Hände wirken. Diese Wesen hört er
„Menschen" nennen, und man sagt ihm, daß deren nächste
Anverwandte „Affen" heißen und in den Tropen hausen.
Man erzählt dem Eingeborenen der Sonne viel Gutes
und Arges von den Menschen, und sagt ihm, daß die einzelnen
Wesen dieser Tierart sehr beträchtlich von einander
sich unterscheiden. »Also, wie anderswo auch!", ruft der
Sonnenweise aus; doch, meint derselbe, wäre es gut, eine
Probe zu machen. Er prüft mit psychologischer Methode,
die auf seinem Fixstern sehr ausgebildet, die Menschen
nach deren Qualitäten und Quantitäten, und stellt die
höchst Entwickelten auf die höchten Sprossen einer Himmelsleiter
, die Durchschnitts-Kreaturen in die Mitte, die Elementaren
zu unterst, und überläßt sich nun eingehenden vergleichenden
Studien.
Aus diesen letzteren ergeben sich ihm mancherlei bedeutungsvolle
Tatsachen, welche er geistig aufschließt und
so Erkenntnisse gestaltet. Bei der höchst entwickelten
Gruppe sieht er harmonische Verhältnisse der großen
Grundvermögen der Seele, gleich wie zwischen Seele und
Leib. Bei den Durchschnittlichen läßt die Harmonie mehr
oder weniger zu wünschen übrig, und bei den Elementaren
ist dieselbe meist nur angedeutet.
Nun gruppiert er nur die Bestentwickelten nach derselben
Methode, wie vorhin die Gesamtheit, und erblickt
auf den obersten Sprossen der Leiter eine auf Erden nicht
erwartete Auslese harmonischer, denkender, fühlender und
wollender Geschöpfe, welche er vorläufig „große Geister44
nennt. Alle höheren Qualitäten der Seele sind bei diesen
Auserwählten mehr oder weniger höchst entwickelt, bei
mehreren aber ungleichmäßig. Solches alles gibt ihm zu
denken. Er lenkt seine Schritte den Dünen zu und beabsichtigt,
in deren Ruhe seine Gedanken frei walten zu lassen.
Da kommt er an einem allein stehenden, wenig besuchten
Hause vorüber, tritt ein, und befindet sich in einer
Bibliothek. Er durchschreitet diese langsam und wendet
jedem Bande seine Aufmerksamkeit zu. Im vierten Büeher-
raume erblickt er ein neues Buch, des Titels: Engelbert
Lorenz Fischer: „Der Großgeist, das höchste Menschenideal
. Grundlinien zu einer Philosophie des Ganzgenies
(Berlin, 1908, Verlag von Paetel. 280 Seiten in Groß-
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