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M. K: Die Bedeutung physikalischer medialer Kundgebungen. 161
einen lebenden Verwandten des Phantoms, das seinen Namen
(Piet Botha) genannt hatte, als identisch mit diesem anerkannt
wurde.*)
Zieht man hier in Betracht, daß weder Stead, noch der
mediale Photograph diesem lebenden Verwandten persönlich
bekannt waren, sowie daß beide von der Existenz einer
gleichnamigen Persönlichkeit keine Ahnung hatten (es
handelte sich um einen vor Jahren im Burenkriege gefallenen
Burenftihrer), so verliert die hypothetische Annahme
einer unbewußten telepathischen Vorstellungsübertragung
von diesem lebenden Verwandten auf einen der
beiden Experimentatoren, sowie einer ideoplastischen körperlichen
Darstellung dieser Vorstellung zwecks Photographie-
rung jede Wahrscheinlichkeit. Es bleibt nur die Möglichkeit
, daß sich dieser Verwandte (General Botha) in der
Wiedererkennung der Phantomphotographie täuschte oder
daß ein intelligentes jenseitiges Wesen Namen und Gestalt
des Betreffenden annahm, um sich damit einen üblen
Scherz zu leisten. —
Betrachten wir nun die Handschriftenvergleichung in
Bezug auf ihren Identifizierungswert, so müssen wir wohl
zugeben, daß die Handschrift jedes Menschen etwas
Charakteristisches hat, das sie von der jedes anderen unterscheidet
, sonst wäre ja eine Wissenschaft der Graphologie
unmöglich. Immerhin fehlt auch dieser Identifizierungs-
methode die mathematische Schärfe. Sie läßt die Möglichkeit
einer Täuschung des Graphologen oder einer
absichtlichen Handschriftenverstellung seitens des Schreibenden
offen. Die neuesten Prozesse, in denen die
Graphologen die widersprechendsten Gutachten abgaben,
mahnen zur Vorsicht. Es sei hier nur an den vor
einigen Jahren in Lemgo stattgefundenen Verleumdungsprozeß
erinnert. —
Es bleibt nun. noch die Daktyloskopie oder das
Handabdruckverfahren zu besprechen, das ja neuerdings
in verschiedenen Staaten alle anderen Identifizierungsmittel
in den Hintergrund gedrängt hat. Es handelt
sich hier um die mechanische Wiedergabe der auf den
inneren Flächen der obersten Fingerglieder befindlichen
Papillarlinien, welche die verschiedensten Muster darstellen
und von der Wiege bis zur Bahre bei jedem
*) Leider erscheint auch diese ,Geisterphotographie% wie der
geehrte Herr Verf. aus den Berichten von Dr. Freudenberg auf
8. 566 und 8. 624 v. J. ersehen konnte, als keineswegs einwandfrei
— Eed.
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