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Kornherr: Mediumschaft und Taschenspielerkunst. 208
ländischen Taschenspielers könnte sie vor einer kleinen
Versammlung intelligenter und kompetenter Experimentatoren
, die besonnen, geistig gesund und vorurteilslos sind,
wie der Autor dieses Artikels bei den dreißig S^ancen mit
Eusapia es gewesen zu sein sich schmeichelt, nachahmen. *)
*) Leider hat Eusapia bei ihrer (im Febr.-Hef t, S. 127 unten erwähnten
) Einladung nach New-York ihren gerade durch das günstige
Gutachten von Mr. Oarrington über die in Neapel mit ihr erzielten
Phänomene neu bestärkten Ruf durch Anwendung eines ihrer bekannten
Tricks in einer Sitzung mit dem Psychologie - Professor
Hugo Münster berg von der Harvard-Universität in Cambridge
wieder bedeutend beeinträchtigt. Wenn unser früherer Berichterstatter
, der Medien-Kenner und -Gönner Herrn, flandrich, in
einem Artikel „Aus dem Lande der unbegrenzten Möglichkeiten"
(„Übersinni. Welt*, Märzheft er., S. 113 ff.) diese neue „Entlarvung*
damit aus der Welt zu schaffen glaubt, daß er dem bedeutenden,
sicherlich dabei doch nur von Wahrheitsliebe geleiteten Gelehrten
unlautere Motive — Eitelkeit, ja Geldsucht (mit den Worten: „wie
viel der Sieg des „ Magazinschreibers * dem Verleger gekostet, gehört
nicht hierher) — unterschiebt, so hat er damit der Sache des Spiritismus
u. E. einen schlechten Dienst erwiesen. Weit eher läßt sich
die (von Münsterberg selbst, wie es scheint, ausgeschlossene) Möglichkeit
der Annahme eines unbewußten Betrugs hören, ganz
abgesehen davon , daß ja das zeitweilige „Flunkern des Mediums*
jedem erfahrenen Okkultisten längst begannt ist. Man braucht also
dem skeptischen Beobachter durchaus nicht den Vorsatz zu imputieren
, aus vorgefaßtem „ Vorurteile die Manifestationen zu diskreditieren
/ Wie wenig genau freilich die Herren Journalisten in
solchen Fällen über den wirklichen Sachverhalt orientiert zu sein
pflegen, beweist u. a. der Reporter der „Voss. Zeitung- vom III. er.
schon im ersten Satz seines nachfolgenden Berichts: „Entlarvung
eines Mediums. Das berühmteste amerikanische [I Bed.] Medium
Eusapia Paladino wurde kürzlich entlarvt. Im „Metropolitan
Magazine" [Febr. - Heft] erzählt Prof. Münsterberg, der bekanntlich
demnächst als amerikanischer Austauschprofessor nach Berlin
kommen soll, darüber folgendes: „„Eine Woche vor Weihnachten,
gegen Mitternacht, saß ich zur linken der Frau Paladino, während
Herr Oarrington, ein bekannter Naturforscher, zu ihrer
Rechten saß. Wir hielten sie unter strenger Beobachtung. Ihre
linke Hand hielt meine Hand. Ihre rechte Hand lag in der Hand
ihres Nachbars zur Rechten. Ihr linker Fuß ruhte auf meinem
Fuß, während ihr rechter Fuß sich auf den Fuß meines Kollegen
stützte. Wir saßen im Finstern; Oarrington bat den Geist „John",
meinen Arm zu bewegen und ein Tischchen, das hinter mir stand,
von der Stelle zu rücken. Und „John* kam. Er berührte mich
zuerst am Handgelenk, dann am Unterarm und am Ellbogen. Ich
fühlte seinen Daumen und seine Finger. Es war sehr unbehaglich
. . . „John* sollte auch den Tisch heben. Wir hielten noch
immer die beiden Hände Eusapia's; wir verloren nicht die Berührung
mit ihren beiden Füßen. Trotzdem begann der Tisch hinter
ihr zu trappeln, und wir erwarteten, daß er sich vorwärts bewegen
würde. Statt dessen ertönte plötzlich ein gellender Schrei, wie ich
keinen je zuvor gehört habe, selbst nicht in Sarah Bernhardts ergreifendsten
Szenen. Es war wie wenn Eusapia einen Dolchstoß
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